# taz.de -- Achselhaar-Debatte in Schweden: Haarige Aussichten | |
> Eine Frau im Publikum der Ausscheidung zum Eurovison Song Contest zeigt | |
> eine behaarte Achselhöhle. Zuschauer finden das eklig und kommentieren es | |
> hasserfüllt im Netz. | |
Bild: Nicht jedermanns Sache: Achselhaare bei Frauen. | |
STOCKHOLM taz | Eine jubelnde Frau, die mit hoch erhobenen Armen den Sieg | |
ihrer Favoritin bei der Auswahl des schwedischen Beitrags für den Eurovison | |
Song Contest in Baku feiert. Und eine TV-Kamera, die sie so bei der | |
Live-Übertragung am vergangenen Wochenende einfängt und das Bild in jeden | |
zweiten schwedischen Haushalt überträgt. | |
Kurze Zeit später verbreitet sich ein [1][Screenshot] dieser Szene im | |
Internet und wird binnen weniger Stunden mehr als 1 700 mal kommentiert. | |
Der Jubel der Frau hat etwas ganz Sensationelles enthüllt: Achselhaare! | |
Eine Frau, die ihre Achselhöhle nicht rasiert hat, scheint vor allem für | |
Männer und da offenbar vorwiegend für junge, masslos provozierend zu sein: | |
„Usch, wie eklig“, „das hat mir den ganzen Abend verdorben“, „das | |
widerlichste, was ich je gesehen habe“, „Feministenschein“, „wie | |
unhygienisch“, „dass die sich nicht schämt“, hagelte es immer aggressive… | |
Netz-Kommentare. | |
Die Gegenreaktion ließ nicht lange auf sich warten. Erst Blogs, dann die | |
Facebookseite [2][„Ta håret tillbaka!“] („Holt Euch die Haare zurück!�… | |
füllten sich mit Fotos und Videos unrasierter Achselhöhlen. | |
Zwei Tage später konnte die Boulevardzeitung Aftonbladet stolz titeln: | |
„Schwedens bekannteste unrasierte Achselhöhle!“. Und präsentierte die Frau | |
zu den Haaren, die 32-jährige Schulbibliothekarin Lina Ehrin aus Ludvika. | |
Sie versteht den ganzen Aufstand nicht und gesteht: „Ich habe mir noch nie | |
im Leben die Achselhöhlen rasiert. Und ich hab das auch nicht vor.“ | |
## Demonstration in Malmö | |
Ob sie damit etwas Bestimmtes zum Ausdruck bringen oder demonstrieren | |
wolle? „Nein, ich mache das eben ganz einfach nicht.“ Und um die | |
hasserfüllten Kommentare im Netz – „ich hab die gar nicht gesehen, ich habe | |
kein Facebook-Konto“ – schere sie sich erst recht nicht. | |
Das machen nun andere für Lina. „Ekel wird als Mittel zur Wahrung der | |
sozialen Hierarchie und Machtbalance eingesetzt“, schreibt die Initiatorin | |
von „Ta håret tillbaka!“ in einem [3][Debattenbeitrag]: „Dass Menschen s… | |
angeekelt fühlen und ihre widerlichen Kommentare herauskotzen, ist ein | |
Mittel, Frauen in Schach zu halten und soziale Kontrolle auszuüben.“ Und | |
sie fordert die Frauen auf, sich „die Haare und damit den Stolz | |
zurückzuholen“. | |
Im Twitter-hashtag #hairriot und in mehreren Blogs wurde diese Anregung | |
mittlerweile aufgegriffen: „Warum diesen Sommer nicht haarig sein, | |
Frauen?“, heisst es da: „Machen wir eine gemeinsame Aktion!“ Wie groß das | |
Echo werden wird, dürfte sich in einigen Wochen zeigen. Die Sängerin Loreen | |
übrigens, die Schweden nach Baku schickt und der Linas | |
achselhöhlenentblössender Jubel galt, der diese Debatte lostrat, | |
kommentierte mittlerweile in Wort und [4][Bild]: „Warum sollte man sich | |
unter den Armen rasieren?“ | |
Für Donnerstag um 17 Uhr hat ein feministisches Netzwerk zu einer Demo mit | |
Präsentation unrasierter Achselhöhlen in Malmö aufgerufen. | |
15 Mar 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://gfx.aftonbladet-cdn.se/image/14514212/800/normal/74900d46ded4c/mello… | |
[2] http://www.facebook.com/events/365673620120381/ | |
[3] http://debatt.svt.se/2012/03/13/jag-ar-stolt-over-mitt-har-under-armarna/ | |
[4] http://gfx.aftonbladet-cdn.se/image/14518162/800/normal/89869da1c3f56/loree… | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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