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# taz.de -- Strafverfahren gegen Bülent Ciftlik: Zu viele Fälschungen
> Der frühere SPD-Sprecher soll eine E-Mail gefälscht haben, doch deren von
> der Staatsanwaltschaft erstelltes Abbild könnte ebenfalls fingiert sein,
> so ein Gutachter.
Bild: Sieht sich als Opfer einer Intrige: Ex-SPD-Politiker Bülent Ciftlik
Im Verfahren gegen den ehemaligen Hamburger SPD-Sprecher Bülent Ciftlik
gibt es erneut Fälschungsvorwürfe – diesmal könnte die Staatsanwaltschaft
in Bedrängnis geraten.
Rund um den Strafprozess tauchten immer wieder manipulierte Dokumente und
wohl auch Zeugen auf: Sorgsam gefälschte, vermeintliche Polizeiunterlagen,
fingierte E-Mails, die mithilfe einer Spionagesoftware der
Hauptbelastungszeugin Nicole D. untergeschoben worden sein sollen und
widerrufene Aussagen gekoppelt mit dem Vorwurf der Zeugenbeeinflussung
gehörten von Anfang an zum Standardrepertoire dieser gerichtlichen
Auseinandersetzung.
Der Anwalt von Nicole D., Johannes Schwenn witterte schon in der ersten
amtsgerichtlichen Verfahrensrunde bei jedem von der Verteidigung
eingeführten Beweismittel „Neues aus der Fälscherwerkstatt des Bülent
Ciftlik“. Während es damals nur um den Vorwurf ging, Ciftlik habe eine
deutsch-türkische Scheinehe geschmiedet, will die Staatsanwaltschaft nun
vor dem Landgericht den Angeklagten wegen solcher ihm angelasteter
Manipulationen zu einer mehrjährigen Haft verdonnert sehen.
Doch der 39-jährige Deutsch-Türke, der sich als Opfer einer Intrige
unschuldig verfolgt sieht, schlägt jetzt zurück. Seine Anwältin Gabriele
Heinecke präsentierte dem Gericht am Dienstag Dokumente, die den Schluss
zulassen, dass Nicole D. oder die Staatsanwaltschaft Beweismittel gefälscht
haben. Das aber könnte den Prozess wegen „unüberwindbarer
Verfahrenshindernisse“ zum Platzen bringen.
Dass die Staatsanwaltschaft möglicherweise mit gefälschten Beweismitteln
arbeitet, legt ein Gutachten des anerkannten IT-Sachverständigen Andreas
Bethke, der für den schleswig-holsteinischen Datenschutzbeauftragten
arbeitet, zumindest nahe.
Bethke untersuchte im Auftrag von Heinecke die Abbildung einer aufgerufenen
Website, einen sogenannten Screenshot. Diesen will Oberstaatsanwalt Ronald
Giesch-Rahlf nach eigenem Bekunden im April 2010 von Nicole D.s
Posteingangskorb beim Provider web.de gemacht haben, in dessen Spam-Ordner
sich eine der möglicherweise gefälschten Mails befand.
Schönheitsfehler des Screenshots: Die abgebildete Darstellung des
Posteingangs stimmt mit dem Original-Posteingangsfach bei web.de optisch in
wesentlichen Punkten nicht überein, sie ist laut Bethke deshalb
möglicherweise eine „grafisch aufbereitete Fälschung“.
Allerdings lässt der Gutachter noch ein Schlupfloch: 2010 habe das
web.de-Design möglicherweise noch anders ausgesehen. Eine Klärung könne
„nur durch den Betreiber „web.de“ selbst herbeigeführt werden. Der aber …
sich mit der Aufklärung schwer, und teilte der taz gestern mit, er könne
„nicht beurteilen, ob Manipulationen an dem Screenshot des Postfachs
vorgenommen worden sind“.
Eine Antwort, die das Gericht kaum befriedigen dürfte – der Vorsitzende
Richter Rüdiger Göbel hat bereits angekündigt, dass eventuell Fachleute des
Internet-Giganten geladen werden, wenn die Verteidigung dies beantragt.
Deren Antworten dürften auf den Verfahrensausgang entscheidende
Auswirkungen haben.
Wird der Screenshot als Fälschung entlarvt, dürfte die Staatsanwaltschaft
so in Erklärungsnot geraten, dass ein Verfahrensabbruch in den Bereich des
Möglichen rückt. Noch aber hält Göbel eine solche Variante, wie er am
Dienstag betonte, „für eine Fantasie ohne Realitätsbezug“.
Erweist sich der Screenshot aber als echt, dann entpuppt sich einer der
wohl letzten Trümpfe der Ciftlik-Verteidigung doch nur als wertlose Niete.
20 Mar 2012
## AUTOREN
Marco Carini
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