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# taz.de -- „Kommissar Winter“ auf Arte: Wer das nicht will, guckt Tatort
> Eine Dosis Mord und Totschlag gibt's jetzt schon am Donnerstag: Arte
> schickt „Kommissar Winter“ in die Spur – selbstverliebt und sehenswert.
Bild: Nicht nur sonntags, auch am Donnerstag gibts jetzt Mord und Totschlag zu …
Keine Sorge, sobald man erst mal die unmögliche musikalische Untermalung
des Vorspanns mit allerlei melodramatischen Hu-hu- und Aa-haa-Klängen
überstanden hat, wird alles besser: Denn was die
Arte-Programmverantwortlichen dieses Mal im hohen Norden für ihre
Krimiabteilung eingekauft haben, ist durchaus ein Grund, dem
öffentlich-rechtlichen „Tatort“-Einerlei am Sonntagabend zu entsagen und
sich die wöchentliche Dosis Mord und Totschlag schon am Donnerstagabend zu
geben.
Ab Donnerstag (20.15 Uhr) kümmert sich bei Arte „Kommissar Winter“,
gespielt von Magnus Krepper, so selbstverliebt wie sehenswert um Recht und
Ordnung. An acht Abenden gibt es jeweils eine Doppelfolge der schwedischen
Krimireihe nach den Bestsellern von Åke Edwardson zu sehen.
Die erste Episode heißt Rotes Meer. Ein Rotes Meer ist es in etwa auch das,
was an Blut die Scheiben von „Jimmys Imbiss“, einem Kiosk inmitten einem
der Problemviertel Stockholms, herunterläuft. Jimmy Foro (Benjamin I
Agaga), der nigerianische Besitzer des Ladens, und seine beiden Kumpel, der
Iraner Said Rezaid (Deni Jordan) und der Kurde Hiwa Aziz (Mohamed Said),
werden von zwei Unbekannten hingerichtet: die Gesichter werden ihnen bis
zur Unkenntlichkeit zerschossen. Im Laufe der ersten Folge sammeln sich
noch weitere Leichen an, alle aus dem Einwanderermillieu Stockholms, alle
brutal hingerichtet.
## Blut an Jimmys Imbiss
„Mensch, Erik, worum zum Teufel geht's hier?“, fragt Co-Ermittler Bertil
Ringmar (Peter Andersson) seinen Kommissar. „Ehre? Blutrache?“. Der
Kommissar weiß es auch nicht. Was Erik Winter aber ganz sicher glaubt: Dass
die Morde keinen rassistischen Hintergrund gehabt haben können: „Ich sag es
noch mal: Rassistische Gruppen geben mit ihren Taten an. Sie sind stolz
drauf und würden sie niemals totschweigen“, sagt er.
Winter kanzelt jeden Versuch seines hartnäckigen Kollegen Fredrik Halders
(Jens Hultén) ab, der als einziger an ein rechtsradikales Motiv hinter den
Morden vermutet: „Vergeltungsmaßnahmen von Leuten, die machen können was
sie wollen, ohne dass die Polizei sie drankriegt“.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Ermittlungen zu den Taten des
„Nationalsozialistischen Hintergrunds“ klingen diese Sätze ein wenig
unheimlich. Weiß man doch mittlerweile, dass Kommissar Winters Wahrheit
über Neonazis lange Zeit auch die gültige Wahrheit über die rechtsradikale
Szene hierzulande war – die seit dem verstörenden Wissen um den ebenfalls
schwer zu fassenden wie fassbaren nationalsozialistischen Untergrund nicht
mehr gilt.
## Der Kommisar behält Recht
Dass Kommissar Winter am Ende Recht behält und die Lösung der Morde in
„Rotes Meer“ ganz woanders als in rechtsradikalen Motiven begründet liegt,
ist aus drehbuchtechnischer Sicht natürlich lobenswert. Überhaupt schafft
es Regisseur Trygve Allister Diesen, hier und dort immer wieder schöne
kleine Spannungsbögen und Nebenschauplätze aufzumachen, ohne sich dabei zu
verzetteln. Dennoch: die Neonazi-Thematik hätte einfach mehr hergegeben,
als dass man sie lediglich als die obligatorische falsche Fährte zur Mitte
der Folge versenkt.
Ein wenig ärgerlich sind auch die Klischees über städtische Problemviertel
und ihre Bewohner, durch die Erik Winter stolpert – und dabei nur ganz
knapp heil aus einer dermaßen vermüllt-verdreckten Fixerwohnung
herauskommt, wie man sie zuletzt wohl ähnlich gut überzeichnet in
„Trainspotting“ gesehen haben mag. An jeder Ecke stehen Drogendealer,
keiner will oder kann mit den Ermittlern sprechen, die heile
Familienvater-Welt des Kommissars und das fröhliche Mittsommernachtsfest
mit den Kollegen bilden den harten Kontrast dazu.
Dieser schwarz-weiß gemalte Entwurf von Parallelwelten, die keine
Berührungspunkte kennen, nervt. Immerhin gibt es durch die Ausflüge des
Kommissars in die vermeintliche Halbwelt der Migrantenviertel ein paar
schöne Actionszenen zu sehen. Wer das nicht mag, kann ja „Tatort“ gucken.
22 Mar 2012
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Kültür
Politika
Tatort
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