# taz.de -- Bericht zur Sicherheits-Debatte: Wie offen darf die Schule sein? | |
> An einer Weddinger Schule ist ein Mädchen von einem Unbekannten | |
> missbraucht worden. Das wirft die Frage auf, wie sehr die Einrichtungen | |
> sich abschotten müssen | |
Bild: Humboldthain-Grundschule in Berlin-Gesundbrunnen | |
Der sexuelle Missbrauch eines achtjährigen Mädchens an einer Weddinger | |
Grundschule hat eine Debatte über die Sicherheit an Schulen ausgelöst. | |
Dabei warnen Politik und Polizei vor Schnellschüssen. Auch Schulvertreter | |
fordern, die Balance von Sicherheit und Offenheit zu wahren. | |
Der Fall hatte sich am 1. März an der Humboldthain-Schule ereignet, wegen | |
intensiver Ermittlungen ging die Staatsanwaltschaft mit dem Fall erst jetzt | |
an die Öffentlichkeit. Nach derzeitigem Erkenntnisstand hatte ein etwa | |
30-jähriger Mann am frühen Morgen ein achtjähriges Mädchen in der | |
Schultoilette eingeschlossen und sexuell missbraucht. Im Gebäude fand zu | |
diesem Zeitpunkt bereits Unterricht statt. Trotz des schnellen Alarms bei | |
der Polizei durch aufmerksame Lehrer konnte der Täter flüchten. | |
Im Zentrum der Sicherheitsdebatte steht nun die Frage, inwieweit der Zugang | |
von Unbekannten auf das Schulgelände kontrolliert bzw. verhindert werden | |
soll. Auf Eingangskontrollen sind die wenigsten Schulen eingerichtet: Dafür | |
fehlt es nicht nur an personeller Ausstattung, sondern oft auch an den | |
baulichen Voraussetzungen. Die Büros von Sekretariat und Schulleitung | |
befinden sich häufig nicht im Eingangsbereich, sodass Fremde leicht | |
ungesehen hereinkommen können. In vielen Schulen ist es deshalb längst | |
Praxis, dass Kinder nur noch zu zweit zur Toilette gehen dürfen. | |
Der Landeselternausschuss (LEA) rief am Donnerstag alle Elterngremien auf, | |
sich aktiv um Präventionsmaßnahmen zu bemühen. Die Bildungsexpertin | |
CDU-Fraktion, Hildegard Bentele, hält eine generelle technische Aufrüstung | |
der Schulen nicht für notwendig. Es gehe um Einzelfallentscheidungen. Das | |
könne das Ausleuchten dunkler Ecken oder der Einbau von Schließanlagen an | |
Türen sein. Benteles Amtskollege Ilkin Özisik (SPD) appellierte, | |
Präventionskonzepte mit Eltern, Bezirks- und Senatsverwaltung zu | |
erarbeiten. Wachschutz an jeder Schule sei keine Lösung und auch nicht | |
bezahlbar. | |
Die Bildungsverwaltung sieht in der Diskussion um erhöhte | |
Sicherheitsmaßnahmen einen Balanceakt: „Einerseits haben Berliner Schulen | |
den Anspruch, offene Schulen zu sein, gleichzeitig muss aber gewährt | |
werden, dass ungewollte Schulfremde keinen Zugang erhalten“, sagte | |
Sprecherin Beate Stoffers der taz. | |
## Nicht verschweigen | |
„Eine hundertprozentige Sicherheit wird man nie herstellen können“, meint | |
Inge Hirschmann, Vorsitzende des Berliner Grundschulverbandes (GSV). | |
Hirschmann lobte die Herangehensweise der Humboldthain-Schule: „Es ist | |
wichtig, einen solchen Fall nicht zu verschweigen, sondern mit den Eltern | |
darüber zu sprechen“, sagte sie zur taz. | |
Wie viele sexuelle Übergriffe von Fremden an Berlins Schulen begangen | |
werden, ist nicht bekannt. „In der Kriminalstatistik werden die Delikte | |
selbst erfasst, nicht jedoch, ob sich der Täter unberechtigten Zutritt | |
verschafft hat“, sagte ein Sprecher der Polizei zur taz. Laut Tagesspiegel | |
gab es Anfang März an der Victor-Gollancz-Schule in Frohnau einen | |
Missbrauchsversuch. Auch dort hatte ein Mann einer Schülerin auf der | |
Toilette aufgelauert. Die Polizei sieht keinen Zusammenhang zum Fall im | |
Wedding: Die Täterbeschreibung sei eine ganz andere. | |
29 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
A. Wierth | |
J. Kalarickal | |
J. Kulms | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wachschutz: Türsteher an Schulen sind zurück | |
Von Montag an kontrollieren private Sicherheitsdienste wieder vor | |
Neuköllner Schulen. Der klamme Bezirk lässt sich das eine Million Euro | |
kosten. | |
Missbrauchsfall an Grundschule: "Ein Gefühl der Sicherheit geben" | |
Der Schulpsychologe Klaus Seifried warnt vor Panik. Entscheidend sei es, | |
Ruhe zu bewahren - und den Opfern schnell therapeutische Hilfe zu geben. |