# taz.de -- Nordsee-Plattform „Elgin“: Die Fackel ist aus | |
> Die Explosionsgefahr auf der Gas-Plattform ist gebannt. Eine absichtlich | |
> gezündete Fackel ging von alleine aus. Forscher warnen indes, dass ein | |
> Restrisiko bei der Förderung von Öl und Gas bleibt. | |
Bild: Ein von Greenpeace veröffentlichtes Foto zeigt die Ölplattform am 28. M… | |
FREIBERG/PARIS dpa/rtr | Die Gasfackel auf der leckgeschlagenen | |
Nordsee-Plattform „Elgin“ ist ausgegangen. Damit ist die Gefahr einer | |
Explosion gebannt. Die Fackel sei am Freitagabend erloschen, teilte der | |
Chef der Betreiberfirma Total, Christophe de Margerie, am Samstag per | |
Twitter mit. Die Flamme sei von alleine ausgegangen, ergänzte ein | |
Total-Sprecher. Es sei nicht zusätzlich eingegriffen worden. | |
Die Fackel befindet sich etwa 100 Meter entfernt von einem Leck auf der | |
Plattform, aus dem seit sechs Tagen giftiges und hochexplosives Gas strömt. | |
Sie wurde bei der Evakuierung der „Elgin“ am Sonntag gezündet, um | |
überschüssiges Gas abzufackeln. Günstige Windverhältnisse verhinderten eine | |
Explosion, da die Gaswolke von dem Feuer weggetrieben wurde. Obwohl Total | |
selbst nicht davon ausging, dass Explosionsgefahr bestand, suchte der | |
Energiekonzern nach Wegen, um die Fackel zu löschen. Zu den Szenarien | |
gehörte der Abwurf von Wasser aus Hubschraubern, der Einsatz von | |
Löschschiffen oder der Einsatz von Stickstoff. | |
Der Konzern kündigte an, das Gasleck mit zwei Entlastungsbohrungen angehen | |
zu wollen. Das könnte sechs Monate in Anspruch nehmen und Milliarden | |
kosten. Total wusste mindestens seit Februar von Problemen auf der | |
Plattform. Ein Gewerkschaftsvertreter erklärte am Freitag, Arbeiter hätten | |
schon vor Wochen Sorgen wegen eines steigenden Gasdrucks geäußert. Das | |
französische Unternehmen habe jedoch noch Stunden vor dem Unglück beteuert, | |
ein Versagen sei ausgeschlossen. | |
## Restrisiko bleibt | |
Die Förderung von Erdöl oder -gas bleibt aus Sicht der Wissenschaft immer | |
mit einem Restrisiko behaftet. „Das ist wie überall: Auch bei Bohrungen | |
gibt es keine hundertprozentige Sicherheit“, so der Freiberger Forscher | |
Professor Mohammed Amro. Deshalb ließen sich Unfälle wie jetzt in der | |
Nordsee nicht ausschließen. Man könne das Risiko nur minimieren. „Wir | |
arbeiten mit der Natur und wissen nicht immer genau, was sie für uns | |
bereithält“, sagte der 52 Jahre alte Wissenschaftler. Bei manchen | |
geologischen Formationen sei der Druck höher als angenommen, bei anderen | |
sei es umgekehrt. „Beides führt zu einem Risiko.“ | |
Amro hat an der Freiberger Bergakademie eine Professur für Geoströmungs-, | |
Förder- und Speichertechnik inne. Der Wissenschaftler hat sich unter | |
anderem intensiv mit der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko 2010 beschäftigt. | |
Nach Darstellung von Amro lassen sich aber beide Fälle nicht vergleichen. | |
Bei der Katastrophe im Golf war eine Förderplattform von Britisch Petroleum | |
(BP) explodiert und hatte elf Menschen mit in den Tod gerissen. Im | |
Gegensatz dazu war es Total jetzt gelungen, die Plattform zu evakuieren und | |
alle rund 250 Mitarbeiter schnell in Sicherheit zu bringen. | |
„Das ist eine logistische Meisterleistung und sollte auch einmal gewürdigt | |
werden“, sagte der Professor. Die Havarie jetzt in der Nordsee sei leichter | |
zu beherrschen. Amro führt vor allem die Wassertiefe an. 2010 mussten im | |
Golf Arbeiten am Bohrloch in etwa 1500 Meter Tiefe vorgenommen werden. Im | |
aktuellen Fall liegt der Meeresgrund nur knapp 100 Meter unter der | |
Wasseroberfläche. | |
Amro zufolge ist Erdgas zudem leichter zu handhaben als Erdöl, obwohl das | |
Gas mit größerem Druck und einer höheren Temperatur nach oben kommt. | |
Wichtig sei aber vor allem, dass die Plattform noch steht. „Das ist wie | |
eine Arbeitsbühne, von der man später auch mit konventionellen | |
'Kill'-Methoden vorgehen kann. Diese Möglichkeit darf man nicht verlieren.“ | |
„Jetzt müssen drei Schritte unternommen werden: Das oder die Lecks | |
analysieren, das austretende Gas umleiten sowie Entlastungsbohrungen | |
vornehmen, damit die Lagerstätte mit einer Spülung verschlossen werden | |
kann.“ Die Kosten ließen sich derzeit nicht abschätzen. Allein für die von | |
Total bereits angekündigten Probebohrungen rechnet Amro mit bis zu drei | |
Monaten Dauer. Problematisch sei, dass man wegen des Gasaustritts momentan | |
nicht auf die Plattform könne und deshalb den Störfall aus der Ferne in den | |
Griff bekommen müsse. Daran ändere auch das Verlöschen einer Gasflamme auf | |
der Plattform nichts. | |
1 Apr 2012 | |
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