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# taz.de -- Bremen im Niedergang: Teures Lehrgeld gezahlt
> Verdient verliert Werder Bremen 0:3 gegen Mainz 05. Um die Teilnahme am
> internationalen Geschäft müssen die Bremer und ihr Trainer Schaaf mehr
> denn je bangen.
Bild: Feste Größe: Werder-Anhänger huldigen ihrem Torwart Tim Wiese.
BREMEN taz | Werder Bremen droht in dieser Saison ein ähnliches Schicksal
wie dem FC St. Pauli in der vergangenen: Der war nach seinem Sieg beim
Erzrivalen HSV so berauscht von der eigenen Leistung, dass er nur noch ein
Spiel gewann – und abstieg in die Zweite Liga. Absteigen können die
Grün-Weißen zwar nicht mehr, aber der Niedergang vom
Champions-League-Anwärter zum Tabellensiebten begann auch für sie vor
Wochen im Hamburger Volkspark, mit einem 3:1 über Gastgeber HSV.
In der zweiten Halbzeit des Spiels gegen den FSV Mainz 05 nun, als sich
nach dem Tor zum 0:3 die Haupttribüne leerte, schien selbst der letzte
Kampf, der um Platz sieben, vom Großteil des Anhangs schon verloren gegeben
zu werden. Anders als bei Niederlagen oder Punktverlusten zuvor gegen
Nürnberg, Hertha oder Augsburg wollten auch kühne Optimisten diesmal nicht
mit irgendeinem ungerechten Fußballgott hadern. In Grenzen hielt sich
selbst die Bremer Wut auf Schiedsrichter Knut Kircher: Der hatte ein
Pizarro-Tor wegen angeblichen Handspiels nicht anerkannt und einen Rempler
des Mainzers Erik-Maxim Choupo-Moting gegen Florian Hartherz vor dem 2:0
nicht gepfiffen.
Zu deutlich hatte es die Mannschaft nach dem 0:1 durch den Kontertreffer
von Adam Szalai in der 19. Minute an allem vermissen lassen, was den
Anspruch auf eine Teilnahme an der Europa-League hätte untermauern können.
Phasenweise schien es, als raunten sich die Spieler selbst ein kollektives
„Ach, nö“ zu – bei der Aussicht, bei 30 Grad minus an einem Donnerstagab…
im Dezember bei Schachtjor Qaraghandy oder BK Häcken antreten zu müssen.
Dies Raunen muss bis zu Werder-Boss Klaus Allofs vorgedrungen sein, der die
Leichtfertigkeit, mit der die Mannschaft zu Werke ging, als „sehr
verwunderlich“ empfand.
So blieb als einziger Trost die mehrfach auf der Tribüne gehörte Aussage:
„Zum Glück haben wir schon 40 Punkte“ – die nach aller Erfahrung für den
Klassenerhalt nötige Mindestpunktzahl. Mit weit nach vorn gerichtetem Blick
könnte man die Situation sogar komfortabel nennen: Ohne Abstiegsangst
können der Umbruch vollzogen und eine neue Mannschaft aufgebaut werden.
Bremens Trainer Thomas Schaaf ist in den vergangenen Wochen viel dafür
gelobt worden, dass er endlich dem Nachwuchs vertraut. Es wäre billig, ihm
nun vorzuwerfen, dass es diesmal schief ging, einige wieder genesene
Stammkräfte zunächst auf der Bank zu lassen und dafür weiter an den
Youngstern Francois Affolder, Tom Trybull und Florian Hartherz
festzuhalten. Nach dem 0:2 in der 48. Minute korrigierte Schaaf diesen
Fehler – für eine Wende reichte es aber auch mit den eingewechselten Naldo
und Marko Marin nicht mehr.
So ließe sich diese Niederlage als Lehrgeld verbuchen – wären die
Zusatzeinnahmen durch die Europa-League nicht dringend notwendig, um die
wenigen verbliebenen Leistungsträger zu halten, die dringend als Gerüst für
die neue Mannschaft gebraucht werden. Claudio Pizarro, dessen Vertrag
ausläuft, demonstrierte mit seiner schwachen Leistung unfreiwillig, wie
unverzichtbar er – in Topform – ist. Und Innenverteidiger Sokratis hebt
sich seit Wochen so gravierend von der Leistung seiner Kollegen ab, dass er
sich schwerlich längerfristig mit Bundesliga-Mittelmaß zufriedengeben wird.
Tim Wiese scheint zumindest für die Fans unverzichtbar zu sein: Die
Ostkurve huldigte dem Keeper zu Spielbeginn mit drei überdimensionalen
Papp-Wieses. Und die vierte Säule für den Neuaufbau, Clemens Fritz,
demonstrierte mit seiner Slapstick-Einlage vor dem 0:3 (74.), dass auch Mr.
Zuverlässig mit den ständigen Positionswechseln zwischen Mittelfeld und
Abwehr irgendwann überfordert ist.
Für die kommenden Duelle bei Wolfsburg und Stuttgart wird Schaaf den
Umbruch wohl kurz unterbrechen und froh über jeden erfahrenen Spieler sein,
der sich gesund zurückmeldet.
1 Apr 2012
## AUTOREN
Ralf Lorenzen
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