# taz.de -- Kommentar Q-Cells: Zwei bittere Wahrheiten | |
> Die Insolvenz von Q-Cells zeigt: Soll die Spitzenforschung weiter Erfolge | |
> bringen, muss eine intelligente Politik der Solarindustrie durch die | |
> Krise helfen. | |
Die Insolvenz des deutschen Solarunternehmens Q-Cells ist auf den ersten | |
Blick eine Katastrophe. Die Firma ist ein Symbol, nicht nur für die | |
Hoffnung auf neue Industriezentren im Osten. Sie steht für eine Wirtschaft, | |
die mit grüner Technik international erfolgreich ist, Geld verdient, | |
Arbeitsplätze schafft und Deutschland das nächste Jahrhundert über prägt, | |
wie die Automobilbranche das vergangene. Q-Cells hatte das Zeug zum Daimler | |
des Solarzeitalters. | |
Gut möglich, dass das Unternehmen durch das Insolvenzverfahren am Ende in | |
neuer Form überleben wird. Doch unabhängig davon steckt die gesamte | |
deutsche Solarindustrie in einer tiefen Krise, weil niemand damit gerechnet | |
hat, dass international so schnell Konkurrenz erwächst. Dahinter stecken | |
zwei bittere Wahrheiten: Erstens droht ein gesamtes Jahrzehnt an | |
Industriepolitik zu scheitern. Zweitens erfüllt die Förderung der | |
Solarenergie in Deutschland eine ihrer ursprünglich angedachten Aufgaben | |
nicht mehr: den Aufbau der Solarindustrie. | |
Wie sonst ist zu erklären, dass Hunderttausende von Solaranlagen auf | |
hiesigen Dächern installiert werden und gleichzeitig ein Solarunternehmen | |
nach dem anderen pleitegeht? Q-Cells wäre in der gleichen Lage, hätte der | |
Bundestag vor Kurzem die Zuschüsse für Sonnenstrom nicht | |
zusammengestrichen. | |
Die Förderung des Solarstroms ergibt trotzdem Sinn, weil er immer billiger | |
wird, die Wertschöpfung durch Stromproduktion ins Land holt, ökologischer | |
ist als ostdeutsche Braunkohle oder russisches Gas und anderen | |
Wirtschaftszweigen wie dem Handwerk zugute kommt. Außerdem handelt es sich | |
explizit um eine Krise der Solarmodulhersteller, nicht um eine Krise der | |
regenerativen Energien. | |
Der Windindustrie geht es vergleichsweise prächtig. Allerdings muss sich | |
die deutsche Politik an einen Gedanken gewöhnen: Deutschland ist kein | |
industrieller Vorreiter in der Solarindustrie mehr. Die Konkurrenten heißen | |
China, USA, selbst Japan kommt zurück. Soll die Spitzenforschung | |
hierzulande weiter wirtschaftliche Erfolge bringen, muss eine intelligente | |
Industriepolitik der Solarindustrie durch die Durststrecke helfen. | |
Nirgends wäre Geld für Bürgschaften und Staatshilfen so gut angelegt wie | |
hier. Solarstrom ist in zwei, drei Jahren so billig, dass der Absatz | |
weltweit explodieren wird. Ob mit oder ohne deutsche Modulhersteller: Das | |
sind eigentlich richtig gute Aussichten. | |
2 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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