# taz.de -- Hamburger Energienetz-Veträge: Innovativer Geldschlucker | |
> Das von Vattenfall geplante Innovationskraftwerk ist angeblich nicht | |
> wirtschaftlich. Ohne Ersatz für die Fernwärmetrasse vom Kohlekraftwerk | |
> Moorburg wankt das Energiekonzept des SPD-Senats. | |
Bild: Protest gegen Moorburg: Das neue Projekt sollte die umstrittene Fernwärm… | |
HAMBURG | taz Das Fazit ist vernichtend: „Das Konzept des | |
Innovationskraftwerks ist wirtschaftlich derzeit nicht darstellbar“, heißt | |
es in einem Gutachten über ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk (GuD), das | |
der Energiekonzern Vattenfall in Hamburg bauen will. Es würde einen | |
jährlichen Verlust „von rund 20,4 Millionen Euro generieren“, urteilt die | |
Berliner Unternehmensberatungsgesellschaft LBD in ihrer Expertise für die | |
Hamburger Volksinitiative „Unser Netz“. Und innovativ sei das Werk auch | |
nicht, sondern „Marktstandard“. | |
Damit gerät ein wichtiger Punkt in den Energieverträgen, die der Hamburger | |
SPD-Senat am 29. November 2011 mit den Konzernen Vattenfall und Eon Hanse | |
schloss, ins Wanken. Diese Verträge, die am 18. April in der Bürgerschaft | |
gebilligt werden sollen, sehen den teilweisen Rückkauf der Versorgungsnetze | |
für Strom, Gas und Fernwärme durch die Stadt vor. Für insgesamt 543,5 | |
Millionen Euro will Hamburg an den drei Betreibergesellschaften jeweils | |
25,1 Prozent erwerben, um „die Energiewende anzupacken“, wie Bürgermeister | |
Olaf Scholz (SPD) damals erklärte. Die Netzinitiative hingegen will mit | |
einem Volksentscheid den 100-prozentigen Rückkauf der Versorgungsleitungen | |
durch die Stadt durchsetzen. | |
Zu dem Vertragspaket gehören auch Investitionen von 1,6 Milliarden Euro der | |
beiden Konzerne „in moderne Energieerzeugung“ – darunter als größtes | |
Einzelprojekt das „Innovationskraftwerk“ für bis zu 500 Millionen Euro. | |
„Wir wollen Hamburg zu einer Modellstadt für erneuerbare Energien machen“, | |
versprach Hamburgs Vattenfall-Chef Pieter Wasmuth. Und das GuD-Kraftwerk, | |
das neben der HSV-Arena am Volkspark errichtet werden könnte, würde die | |
umstrittene Moorburg-Trasse überflüssig machen. Diese sollte Fernwärme aus | |
dem Kohlekraftwerk Moorburg an der Süderelbe in das dichtbesiedelte Altona | |
liefern. Der Verzicht darauf sei als „Zugeständnis an Umweltverbände und | |
Anwohnerinitiativen“ zu verstehen, räumte Wasmuth seinerzeit ein. | |
Bei fehlender Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks indes kann Vattenfall aus | |
dem Projekt aussteigen. Ein entsprechender Vorbehalt ist in den Verträgen | |
mit der Stadt vereinbart worden, wie Unternehmenssprecher Stefan Kleimeier | |
bestätigt. Dann aber entfiele „ein zentraler Bestandteil“ der | |
Vereinbarungen, sagt Manfred Braasch, Chef der Hamburger Umweltorganisation | |
BUND und Vertrauensmann der Netzinitiative: „Das ist ein K.-o.-Kriterium“, | |
so Braasch. | |
Das sieht Vattenfall vollkommen anders. Die LBD-Studie gehe „nicht von | |
realen Annahmen aus“, sondern von der doppelten Größe des Kraftwerks“, | |
erläutert Wasmuth. Natürlich habe das Unternehmen schon vor | |
Vertragsabschluss das Projekt kalkuliert mit dem Ergebnis, so Kleimeier, | |
„dass es wirtschaftlich sein kann“. Von einem Ausstieg könne keine Rede | |
sein. Am Gründonnerstag noch habe eine Expertenrunde die | |
Umweltverträglichkeit des Kraftwerks erörtert. | |
Mit einem innovativen GuD-Kraftwerk habe Vattenfall doch „eine Forderung | |
des BUND aufgegriffen“, wundert sich Wasmuth über die Skepsis von Braasch. | |
Deshalb verstehe er nicht, warum die Umweltorganisation „nun mangelnde | |
Wirtschaftlichkeit kritisiert, anstatt sich für eine Erhöhung der Förderung | |
umweltfreundlicher Technologien einzusetzen“, sagt der Vattenfall-Chef und | |
fügt hinzu: „Damit wäre der Umwelt ein größerer Dienst erwiesen.“ | |
6 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
Energiewende | |
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