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# taz.de -- Europa rückt näher: Ein gigantischer Bürgerantrag
> Von Bremen aus soll die Kommission in Brüssel den Anstoß bekommen, die
> EU-Atompolitik zu ändern: Dafür starten Landes-Grüne die möglicherweise
> erste europäische Bürger-Ini überhaupt.
Bild: Auch Bürgernähe braucht in Brüssel viel Papierkram, Geduld und Kaffee.
Gut möglich, dass es am Ende die allererste europäische Bürgerinitiative
war, und sicher, dass sie von Bremen ausgeht: Die Grünen fordern mit ihr
eine Änderung der EU-Atompolitik – auch, um das Instrument auszuprobieren.
Denn erst seit dem ersten April haben EU-Bürger das Recht auf die Gründung
einer „Europäischen Bürgerinitiative“.
Laut Hermann Kuhn, Landesvorstands-Sprecher der Partei und Europapolitiker
der Bürgerschaftsfraktion, kann man sich eine solche Initiative „als
Äquivalent zum Bremer Bürgerantrag vorstellen“. Der bedeutet das Recht,
Vorschläge und Gesetzesentwürfe in das Parlament einzubringen. Das muss
darüber beschließen.
Ähnlich läuft es nun auch auf EU-Ebene. Grundlage ist der Reformvertrag von
Lissabon. Mindestens sieben BürgerInnen aus mindestens sieben
EU-Mitgliedsstaaten müssen gemeinsam einen Bürgerausschuss gründen, der
wiederum eine Initiative formuliert und diese bei der EU-Komission
anmeldet.
Die Kommission hat dann drei Monate Zeit, auf den Antrag zu reagieren. So
kann sie die Durchführung der Initiative verweigern, wenn diese
„missbräuchlich oder schikanös“ ist, also sich der Antrag gegen die Werte
der EU richtet. Ebenso muss sie ihn abweisen, wenn die Kommission im
thematisierten Politikfeld keine Handlungsbefugnis hat. Nimmt sie den
Antrag an, sind im Laufe eines Jahres eine Million Unterschriften zu
sammeln.
Dabei müssen in jedem Land 750 mal so viele BürgerInnen unterzeichnen, wie
es Sitze im Europaparlament hat – also 74.250 in Deutschland. „Für private
Initiativen ist der Aufwand sicherlich zu groß“, sagt Kuhn, „aber für
Organisationen wie Greenpeace ist das ein entwicklungsfähiges Instrument.“
Es auszuprobieren hatte die Landesmitgliederversammlung am 10. 3.
beschossen.
Jetzt ist der Ablauf klar: Die Grünen im Europa-Parlament werden von Bremen
aus aufgefordert, zusammen mit Anti-AKW-Organisationen eine gemeinsame
Forderung zu entwickeln. Ihr Ziel muss nach Ansicht Kuhns sein, die Politik
der EU auf den Ausstieg aus der Atomenergie umzuorientieren. „Eine
Initiative, die eine Abschaltung aller AKWs fordert, wäre nicht möglich“,
erläutert er. „Sie würde gegen bestehende Verträge verstoßen, laut denen
jedes Land selbst über seinen Energiemix entscheiden darf.“ Aber die
EU-Kommission aufzufordern, die durch den Euratom-Vertrag von 1957
festgeschriebene Sonderstellung der Atomenergie abzuschaffen, das sei
möglich. Besonders die Begünstigungen von Investitionen sind ihm dabei ein
Dorn im Auge.
Weitere Forderungen sind die eines verbindlichen End-Datums des Vertrages,
Beschränkungen einschlägiger Forschung, verbindliche Sicherheitsstandards
und striktere Kontrollen für AKWs, Zwischen- und Endlager sowie
Haftungsregeln bei Unfälle.
Außerdem sollen VerbraucherInnen ein Recht auf transparente Informationen
über die Herkunft verwendeter Energien bekommen. Kuhn hofft, „dass sich die
europäischen Grünen auf die wichtigsten Punkte, Länder und Personen für die
Anmeldung einigen“.
9 Apr 2012
## AUTOREN
Simone Schnase
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