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# taz.de -- Flughafen Tegel: Tegel, Tiere, Sensationen
> Der Betrieb des Airports in Tegel hat eine ökologische Nische geschaffen.
> Nach Schließung des innerstädtischen Flughafens müssen Flora und Fauna
> geschützt werden.
Am Morgen des 3. Juni werden viele BerlinerInnen ein ungewohnt sanftes
Erwachen erleben. Die Schließung des Airports in Tegel setzt dem stetigen
Fluglärm ein Ende. Doch nicht nur für menschliche Anrainer bedeutet der 3.
Juni einen Einschnitt. Trotz – oder wegen – des Flugbetriebs ist der
Airport zur Nische für zahlreiche seltene Pflanzen- und Tierarten geworden.
„Mit seiner großen offenen Fläche ist der Flughafen in Tegel ein
Sonderlebensraum“, erklärt Ingo Kowarik, Professor für Ökosystemkunde und
Pflanzenökologie an der TU Berlin und Landesbeauftragter für Naturschutz.
Kowarik hat mit anderen Wissenschaftlern sowie Umweltverbänden im Auftrag
des Senats die Fauna und Flora auf dem 460 Hektar großen Airportgelände
erfasst.
Landschaftsformen wie Trockenrasen und Relikte von Heide, die in Tegel
auftreten, sind laut Kowarik andernorts in der Stadt nicht mehr zu finden.
Dasselbe gilt für die Tierwelt: Viele der am Flughafen ansässigen Arten
stehen auf der roten Liste und sind im restlichen Berlin kaum noch
anzutreffen, etwa der Kiesbank-Grashüpfer oder bestimmte Tagfalter- und
Wildbienenarten. Am Flughafensee drehen die selten gewordene
Flussseeschwalbe und sogar der Seeadler ihre Runden. Auf dem Flugfeld
bietet der weitläufige Horizont ideale Voraussetzungen für Bodenbrüter. Für
die Feldlerche sei Tegel geradezu ein Eldorado, meint Kowarik. „Etwa die
Hälfte der Berliner Feldlerchenpopulationen ist auf den Flughäfen zu
Hause.“ Mit dem Lärm startender Maschinen haben sich die Tiere arrangiert.
Der Flugbetrieb garantiert bisher, dass die landschaftlichen Bedingungen
konserviert werden.
Als größte Freifläche in Berlin spielt der Airport auch eine wichtige Rolle
für das Stadtklima. Das Flugfeld ist Kaltluftentstehungsgebiet – im Sommer
sorgt es für eine frische Brise. „Es ist wichtig, die Freifläche zu
erhalten, damit weiter Luft in die Stadt strömen kann“, sagt Ulrike
Kielhorn, Naturschutzreferentin beim Nabu.
Kurzfristig wird die Schließung Tegels die Biodiversität nicht verändern.
Die Freiflächen bleiben zunächst unzugänglich, der Boden wird auf Altlasten
überprüft und saniert. „Das Fehlen der Flugzeuge wird keine großen Folgen
haben“, betont der Naturschutzbeauftragte Kowarik. Allerdings sei es
wichtig, das Gelände offenzuhalten und zu mähen, da Bodenbrüter auf eine
kurzrasige Vegetation angewiesen seien. „Entscheidend wird die Frage der
Nachnutzung sein“, glaubt Andreas Faensen-Thiebes vom BUND und Sprecher des
Arbeitskreises Stadt-Naturschutz.
Das Landschaftsprogramm der Senatsumweltverwaltung sieht vor, die zentralen
Freiflächen als Grünflächen zu erhalten. Wegen der Bedeutung für den
Biotop- und Artenschutz werden besonders die nordwestlichen Teile des
Areals als naturschutzwürdig eingeschätzt, zentrale Teile des Flugfelds
sollen unter Landschaftsschutz gestellt werden. Derzeit sind rund 100
Hektar versiegelt: durch Start-und-Lande-Bahnen, Vorfeld und Gebäude.
Geplant ist, die versiegelte Fläche zu verdoppeln und dort vor allem
Forschungseinrichtungen und Gewerbe anzusiedeln. Damit würde aber nur noch
knapp die Hälfte des Geländes als Grünfläche erhalten.
Andreas Faensen-Thiebes vom BUND spricht sich dafür aus, die bereits
existierenden Gebäude und die Flughafeninfrastruktur weiterzunutzen.
Allerdings fordert er, die Bebauung nicht über die bisher versiegelte
Fläche hinaus zu erweitern. Die Umweltverwaltung betont, die Bebauung in
Tegel erfolge nur schrittweise. „Eine versiegelte Fläche von 200 Hektar
bedeutet nicht automatisch, dass sie komplett bebaut wird“, so Sprecherin
Daniela Augenstein.
Für Ingo Kowarik gilt zunächst einmal, ein großes Unternehmen mit Interesse
am Gelände zu finden. Weitere Flächen ließen sich auch später noch bebauen,
so der Naturschutzbeauftragte. Äußerst wichtig sei aber, die Biodiversität
zu bewahren: „Tegel ist ein Schatz, mit dem wir vorsichtig umgehen müssen.“
16 Apr 2012
## AUTOREN
Johannes Kulms
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