# taz.de -- Berlin ohne Radbeauftragten: Der Senat hat ein Rad ab | |
> Seit einem halben Jahr hat Berlin keinen Fahrradbeauftragten. Schuld | |
> daran ist, dass das Amt schlecht ausgestattet ist - und nichts bewirkt, | |
> so Kritiker. | |
Bild: Fährt ohne Schutzherrn oder -frau: junger Cruiser in Berlin. | |
Mit seiner Klage über „Kampfradler“, die trotz Anwesenheit der Polizei jede | |
Verkehrsregel missachten würden, hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer | |
(CSU) letzte Woche eine bundesweite Debatte über das Verhalten von Radlern | |
angestoßen. Eigentlich wäre es bei einer solchen Kontroverse die Aufgabe | |
des Fahrradbeauftragten des Senats, den Standpunkt der Radler zu vertreten. | |
Doch seit mehr als einem halben Jahr ist diese Stelle unbesetzt. „Wann wir | |
einen neuen Fahrradbeauftragten bekommen, steht noch nicht fest“, so | |
Daniela Augenstein, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung | |
und Umwelt. Kritiker bemängeln jedoch, dass die Stelle in ihrer jetzigen | |
Form unattraktiv sei – und auch, wenn sie neu besetzt würde, ineffektiv | |
bleiben würde. | |
Von 2009 bis Oktober 2011 war Arvid Krenz Fahrradbeauftragter, der laut | |
Senatswebseite „die Planung und Umsetzung der Radverkehrspolitik aus Sicht | |
der Radfahrer“ begleiten und die Verwaltung mit Rat und Kritik unterstützen | |
soll. Darüber hinaus soll der Beauftragte Ansprechpartner für Radler sein. | |
Er hat allerdings weder ein eigenes Büro noch eigene Mitarbeiter und | |
bekommt für seine Arbeit lediglich eine Aufwandsentschädigung. Dass der | |
Posten nun schon so lange vakant ist, wundert Krenz insofern nicht: „Schon | |
in meinem ersten Jahr habe ich der Senatsverwaltung gesagt, dass ich den | |
Job unter diesen Rahmenbedingungen nicht weiter machen werde“, so der | |
35-Jährige, der als freiberuflicher Verkehrsplaner arbeitet. | |
Weil er einen Broterwerb braucht, reiche die Zeit für die anstehenden | |
Aufgaben als Beauftragter nicht aus. Hinweisen von Bürgern etwa auf | |
gefährliche Straßen habe er aus Zeitmangel nicht nachgehen können. „Ein | |
Dialog mit den Bürgern war für mich nicht möglich“, bilanziert Krenz. | |
Unter den jetzigen Voraussetzungen könne ein Fahrradbeauftragter seine | |
Aufgaben „nicht ausreichend erfüllen“, kritisiert auch die Berliner | |
Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Eva-Maria | |
Scheel. Berlin sei von einer fahrradfreundlichen Stadt „weit entfernt.“ Die | |
Stelle müsse in eine hauptamtliche umgewandelt werden. | |
Noch weiter geht Benno Koch, der von 2003 bis 2009 Fahrradbeauftragter war: | |
„Wir brauchen ein ähnlich hohes Budget wie etwa in Wien“, verlangt er – | |
also etwa 900.000 Euro jährlich. Nur so könne man sich Mitarbeiter leisten, | |
mit denen ein effektives Arbeiten möglich sei. Zudem kritisiert Koch, dass | |
der Fahrradbeauftragte lediglich beratende Funktion hat: „Ich habe mich oft | |
wie ein Grüßaugust gefühlt“, so Koch. Er fordert deshalb, den | |
Fahrradbeauftragten mit Weisungsrecht auszustatten: Damit könnten andere | |
Behörden verbindlich zu Aktionen verpflichtet werden. | |
Konkret zu den Vorschlägen äußern will sich die Senatsverwaltung für | |
Stadtentwicklung und Umwelt derzeit nicht. Zwar sollen die Interessen der | |
Radfahrer auch künftig „im Senat vertreten werden“, so Sprecherin | |
Augenstein. Wie es mit der Stelle im Einzelnen weitergehe, stehe derzeit | |
jedoch noch nicht fest. Allerdings kümmere sich sowieso „die gesamte | |
Senatsverwaltung“ um die Belange der Radler. | |
Aufseiten der Politik ist der Wunsch nach einer Veränderung des Amtes | |
ohnehin weit weniger groß. Jutta Matuschek, verkehrspolitische Sprecherin | |
der Linken, findet, die Stelle des Fahrradbeauftragten habe sich in ihrer | |
jetzigen Form „bewährt“. Auch mit einer Vollzeitstelle könne der | |
Beauftragte „nichts anderes tun, als es die Mitglieder der Senatsverwaltung | |
machen.“ Auch der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Ole Kreinz, sieht | |
„keine Notwendigkeit“, das Ehrenamt in eine feste Stelle umzuwandeln. | |
Oliver Friederici von der CDU findet es zwar „schwierig“, einen passenden | |
Bewerber für das Ehrenamt zu finden. Dennoch seien schon jetzt viele | |
Mitarbeiter der Verwaltung mit „Fahrradthemen“ beschäftigt. Auf eine | |
Neubesetzung, so Friederici sogar, könne vorerst verzichtet werden. | |
17 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaas-Wilhelm Brandenburg | |
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