Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Angela Merkel und François Hollande: Merkollande & Hollanderkel
> Verschiedene politische Lager sind den deutsch-französischen Beziehungen
> eher förderlich. Doch wie käme Angela Merkel mit dem Sozialisten François
> Hollande klar?
Bild: Auch wenn sich Merkel an französische Begrüßungsküsse gewöhnt hat, w…
Schaut man sich die Geschichte der deutsch-französischen Beziehungen an,
dann fällt einem auf: Die Freundschaft war besonders eng, wenn
Protagonisten aus verschiedenen politischen Lagern an der Spitze standen.
Ob Helmut Schmidt und Giscard d’Estaing oder Helmut Kohl und François
Mitterrand – bei berühmten Paaren spielten Parteiprogramme untergeordnete
Rollen. Eine Analyse der Kombination Merkollande & Hollanderkel.
## Die Unprätentiöse
## Kanzlerin Angela Merkel und der linke Hollande statt Sarkozy? Sie würde
das schon hinkriegen.
Ihr Programm: Die Kanzlerin kämpfte in der Eurokrise dafür, vermeintliche
deutsche Tugenden in der ganzen EU zu verankern. Wichtigstes Beispiel ist
der Fiskalpakt, der allen Eurostaaten harte Sparauflagen macht. Und
Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild installiert. Hollande denkt Europa
anders – es gibt reichlich Reibungspunkte. Wobei zweierlei zu bedenken ist:
Auch der Konservative Nicolas Sarkozy, der zu Hause riesige Staatsschulden
verwaltet, war von Merkels Spardoktrin anfangs nicht begeistert. Und
Hollande, der im Moment im gesamten linken Lager punkten will, wird viele
Ideen nach der Wahl nicht 1:1 umsetzen.
Ruprecht Polenz, CDU-Abgeordneter und Chef des Auswärtigen Ausschusses im
Bundestag, sagt: „Wie in jedem Wahlkampf darf man auch bei Hollande nicht
jedes Wort auf die Goldwaage legen.“ Das weiß auch Merkel.
Ihre Strategie: In typisch Merkel’scher Manier wird die Kanzlerin auch den
Wahlsieg eines Sozialisten für sich zu nutzen wissen. Einiges hilft ihr
dabei: Die wichtigsten Reformen sind – mit Fiskalpakt und dauerhaftem
Rettungsschirm – so gut wie beschlossen. Hollande betritt die Bühne neu,
Merkel wird von allen Staatschefs respektiert.
Und: Hollande bietet ihr die Chance, innenpolitisch zu punkten. Denn seine
Forderungen decken sich mit denen von SPD und Grünen. Mit ein paar
Zugeständnissen könnte Merkel elegant Hollande für sich gewinnen und
gleichzeitig den Boden für eine große Koalition bereiten.
Lose-lose-Situationen sehen anders aus.
Ihr Charakter: „Angela Merkel hat bewiesen, dass sie mit allen
Persönlichkeiten einen Modus Vivendi findet“, sagt CDU-Außenexperte Polenz.
In der Tat: Die unprätentiöse Merkel und der hibbelige Sarkozy konnten
gegensätzlicher nicht sein, arbeiteten aber gut zusammen. Ideologie ist
Merkel dabei herzlich egal. Auch mit dem griechischen Sozialisten Giorgos
Papandreou konnte sie gut. Nichts spricht dafür, dass es mit Hollande
anders sein sollte.
## Der Zurückhaltende
## François Hollande ist Sozialist und will Frankreichs Präsident werden.
Wie wäre das mit Merkel?
Genüsslich hielt François Hollande seinem konservativen Konkurrenten
Nicolas Sarkozy dessen Schwenks in der Europapolitik vor. Und stichelte
gleichzeitig in Richtung Angela Merkel - die ihn vor der Wahl nicht treffen
wollte. "Bei Nicolas Sarkozy kann sie sich auf nichts verlassen", sagte
Hollande jüngst in einem Interview. Doch wie steht es mit ihm? Wie tickt
Hollande selbst?
Sein Programm: Frankreich ist hochverschuldet, die Arbeitslosigkeit liegt
bei 10 Prozent, große Teile der Wirtschaft sind von staatlicher Förderung
abhängig. Hollande will dem mit 20 Milliarden Euro neuen Ausgaben und
Steuererhöhungen begegnen. Das ist ein Gegenentwurf zu Angela Merkels
Sparpolitik, die auf die Schuldenbremse setzt. Auch in der Europapolitik
werden diese Konzepte aufeinandertreffen. Hollande will zum Beispiel den
Fiskalpakt mit wachstumsfördernden Initiativen ergänzen. Oder sich für
Eurobonds einsetzen. Die aber sind für Kanzlerin Merkel tabu.
Seine Strategie: Hollande ist ein umgänglicher Typ, weiß aber sehr genau,
was er will. Sicher ist: Hollande wird Merkel nichts vormachen. Er hofft
auf einen Regierungswechsel in Berlin ab 2013. Merkel ist für ihn eine
Partnerin auf Zeit und aus Vernunft. Der Franzose neigt nicht dazu, seine
Meinung ständig zu wechseln - anders als der konservative Sarkozy. Der
lieferte das jüngste Beispiel dafür erst neulich. Plötzlich kopierte er
Hollande und forderte, der Fiskalpakt müsse durch eine Wachstumspolitik der
EZB ergänzt werden. Dabei hatte Merkel ihn auf deren Unabhängigkeit
eingeschworen. Wenigstens das dürfte ein Trost für die Kanzlerin sein.
Vielleicht lässt es sich leichter mit einem Gegner leben, der eine Linie
verfolgt, als mit einem wankelmütigen Freund.
Sein Charakter: Hollande hat nicht das mediterran Ungestüme von Sarkozy.
Der Sozialist ist jovial und witzig, aber viel zurückhaltender als der
verbal und physisch zudringliche Nicolas Sarkozy. Auch wenn sich Merkel an
französische Begrüßungsküsse gewöhnt hat, wird sie es schätzen, wenn der
nächste Präsident eine in der Diplomatie nützliche Körperdistanz
respektiert. Einem besseren Verständnis zuträglich ist zudem eine weitere
Tatsache: Hollande spricht im Unterschied zum bisherigen Staatschef recht
gut Englisch.
20 Apr 2012
## AUTOREN
U. Schulte
R. Balmer
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.