# taz.de -- Streit um Schulfinanzierung: Dänen wollen 100 Prozent | |
> In Flensburg demonstrieren Schleswig-Holsteins Dänen gegen die Kürzung | |
> der Zuschüsse für ihre Schulen. Dänische Kinder hätten einen Anspruch auf | |
> eine eigene Beschulung, das Land sei in der Pflicht. | |
Bild: Fühlen sich von der Landesregierung diskriminiert: dänische Demonstrant… | |
FLENSBURG taz | 10.000 Menschen haben am Sonnabend in Flensburg gegen die | |
Entscheidung der Landesregierung demonstriert, die dänischen Schulen nicht | |
mehr so zu finanzieren wie öffentliche Einrichtungen. Die meisten | |
Demonstranten sind Kinder und ihre Eltern, es gibt viele von Kinderhand | |
gemalte Transparente, auf den Wangen mancher Kinder ist die dänische Flagge | |
zu sehen – oder schlicht „100 %“. | |
Die Grundlage für die Bemessung der Gelder aus Kiel sind die | |
durchschnittlichen Kosten, die ein Schüler im Land an öffentlichen Schulen | |
verursacht – quer durch die Typen. Die Minderheitenschulen bekamen in den | |
Jahren 2008 bis 2010 Zuschüsse in der Höhe von 100 Prozent dieses | |
Durchschnittswerts für jeden ihrer rund 6.000 Schüler. Seit 2011 sind es | |
nur noch 85 Prozent, das Land spart rund vier Millionen Euro. | |
Die Minderheit fühlt sich von dieser Kürzung diskriminiert und hat vor der | |
Wahl noch einmal mobilisiert. Sie fordert 100 Prozent Gleichstellung. Ein | |
immer wieder gehörter Satz auf der Demo lautet: „Unsere Kinder sind auch | |
100 Prozent wert.“ Mit diesem Slogan hat die Minderheit über den | |
Schulverein für die Demo mobilisiert. | |
Gegen den Diskriminierungsvorwurf wehrt sich die schwarz-gelbe | |
Landesregierung. Thomas Schunck, der Sprecher des zuständigen | |
Bildungsministeriums sagt: „Die Argumentation der dänischen Minderheit ist | |
schief.“ Dänische Schulen seien Ersatzschulen. Es gebe eine Gleichstellung | |
mit deutschen Ersatzschulen. Die Situation der dänischen Schulen sei sogar | |
besser als die der durchschnittlichen deutschen Alternativschule in | |
Schleswig-Holstein. | |
In den ersten zwei Jahren sind die finanziellen Einbußen für die Schulen | |
überschaubar: Der Bund ist eingesprungen und stellt rund 3,5 Millionen Euro | |
zur Verfügung. Ministeriumssprecher Schunck sagt: „Insgesamt bekommen die | |
Schulen im Jahr 2012 mehr Geld als im Jahr 2009.“ Die Förderung liege bei | |
etwa 96 Prozent. | |
Doch dahinter steckt eine politische Grundsatzfrage: Wer ist der | |
Schul-Hauptversorger für die Minderheitenkinder? Olaf Runz, Mitglied des | |
Direktoriums des dänischen Schulvereins, argumentiert, die Kinder hätten | |
einen Anspruch auf eine eigene Beschulung. Sie aufzufordern, doch einfach | |
an eine öffentliche Schule zu gehen, betrachten Minderheitenpolitiker als | |
Aufforderung zu Assimilation. Schließlich würden Sprache und Kultur über | |
die Schulen vermittelt. | |
„Wir wollen 100 Prozent – in guten wie in schlechten Tagen“, sagt Runz. D… | |
Minderheit sei bereit, mitzusparen, aber wolle kein Sonderopfer bringen. | |
Minderheitenbeschulung sei nun mal teuer, sagt Runz. Die Kinder lernten | |
zwei Muttersprachen, außerdem seien es vergleichsweise weniger Schüler, die | |
übers Land verteilt leben. Diese Sonderkosten würden durch die Zuschüsse | |
des dänischen Staats gedeckt. | |
„Das Verhalten der Landesregierung hat gezeigt, dass für sie Gleichstellung | |
ein Privileg ist und keine Selbstverständlichkeit“, sagt Felizitas Tries, | |
Schüler-Botschafterin für die dänischen Minderheit in Deutschland, bei der | |
Demonstration in Flensburg. „Die Landesregierung vergisst, dass sie auch | |
unsere Landesregierung ist“. | |
22 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Daniel Kummetz | |
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