# taz.de -- Die Wahrheit: Die Rückkehr des Axel Caesar Springer | |
> In seiner unermesslichen Barmherzigkeit zeigt Er sich den Menschen noch | |
> einmal in derselben Gestalt, in welcher Er vor drei Jahrzehnten unter | |
> ihnen gewandelt ist. | |
In seiner unermesslichen Barmherzigkeit zeigt Er sich den Menschen noch | |
einmal in derselben Gestalt, in welcher Er vor drei Jahrzehnten unter ihnen | |
gewandelt ist, und es erkennen Ihn alle. | |
Die Sonne der Liebe brennt in seinem Herzen, Strahlen des Lichtes, der | |
Erleuchtung und Kraft strömen aus seinen Augen und wecken die Herzen der | |
Menschen. Er streckt ihnen seine Hand entgegen und segnet sie, und aus der | |
Berührung mit seinem Körper, ja schon aus seinem Maßanzug fließt heilende | |
Kraft. | |
Der Großdöpfner aber heißt die Wachen, Ihn zu ergreifen und in ein dunkles | |
Gewölbe zu werfen. Um Mitternacht öffnet sich das eiserne Tor des | |
Gefängnisses, und der Großdöpfner tritt leisen Schrittes herein, in der | |
Hand hält er ein Licht. Er ist allein, hinter ihm schließt sich das Tor. | |
Er bleibt am Eingange stehen und sieht Ihm lange, ein bis zwei Minuten | |
lang, ins Gesicht. Dann tritt er näher heran, stellt den Leuchter auf den | |
Tisch und spricht zu Ihm: „Bist Du es, Axel?“ Da er keine Antwort erhält, | |
fügt er schnell hinzu: „Antworte nicht, schweige! Was kannst Du auch sagen? | |
Ich weiß sehr gut, was Du sagen willst; doch Du hast kein Recht, auch nur | |
ein Wort zu dem hinzuzufügen, was einst von Dir selber gesagt worden ist. | |
Warum bist Du gekommen, uns zu stören? Ich bezeuge es: Der Mensch ist noch | |
schwächer und niedriger, als Du dachtest. Er ist schwach, und er ist | |
gemein. | |
Hättest Du das Reich und den Purpur, Cäsar, damals angenommen, so würdest | |
Du das Weltenreich gegründet und der Welt ewigen Frieden gegeben haben. Wer | |
soll denn über die Menschen herrschen, wenn nicht der, der ihr Gewissen | |
unterjocht und in dessen Hand das Brot ist? Wisse, dass ich Dich nicht | |
fürchte, wisse, dass auch ich in der Wüste gelebt habe und mich dort von | |
Heuschrecken und Wurzeln genährt habe, dass auch ich die Freiheit gesegnet | |
habe, mit der Du die Menschen gesegnet hast! | |
Doch ich bin umgekehrt und habe mich der Schar derer angeschlossen, die | |
Deine Tat verbessern wollten. Das, was ich zu Dir gesprochen habe, wird | |
sein, und unser Reich wird gegründet werden. Ich wiederhole Dir: Morgen | |
wirst Du selber auf den ersten Wink meiner Hand Dich auf der Seite eins | |
finden und dafür brennen, dass Du gekommen bist, uns zu stören; denn wenn | |
jemand lebt, der mehr als alle Ketzer an den Kiosk gehört, so bist Du es. | |
Morgen werde ich Dich verbrennen.“ | |
Da der Großdöpfner seine Rede beendet hat, wartet er, dass der Gefangene | |
ihm antworte, denn dass dieser schweigt, bedrückt ihn. Er sieht, wie der | |
Gefangene ihm die ganze Zeit über aufmerksam zuhört und ihm dabei gerade | |
ins Auge sieht, ohne dass Er auch nur im geringsten den Wunsch verriete, | |
ihm zu erwidern. Plötzlich steht Er auf, tritt an den Döpfner heran und | |
küsst ihn sanft auf dessen blutlose Lippen. | |
Das war seine Antwort. Der Döpfner erbebt. Seine Mundwinkel bewegen sich. | |
Er geht zur Tür, öffnet sie und spricht zu Ihm: „Gehe hinaus und kehre | |
nicht wieder – kehre nie wieder – nie, nie!“ Er lässt Ihn hinaus auf die | |
dunklen schweigenden Boulevards der Stadt. Der Gefangene geht hinaus. | |
27 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Arno Frank | |
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