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# taz.de -- Europäisches Patentrecht: Patente auf Bullen-Sperma
> Prinzipiell lässt sich Tiersperma patentieren, meint das Europäische
> Patentamt. Im konkreten Fall aber hat es einen Antrag abgelehnt. Das
> Sperma war nicht erfinderisch genug.
Bild: Es geht ums Sperma. Die Kuh ist nur zum Scharfmachen da.
BERLIN taz | Ist Bullensperma patentierbar? Die Antwort des Europäischen
Patentamts (EPA) lautet: Ja. Zwar hat es der US-Firma mit dem an die
Chromosomen angelehnten Namen „XY“ am Donnerstag das Schutzrecht auf
tiefgefrorenes vorselektiertes Tiersperma aberkannt. Das sogenannte gesexte
Sperma ermöglicht die Geschlechterwahl der Nachkommen des befruchteten
Tieres.
Die technische Beschwerdekammer des EPA gab aber nur einem der drei
Einspruchsgründe statt, die Greenpeace Deutschland und eine Abgeordnete der
Grünen im Europäischen Parlament seit der Erteilung des Patents 2005
eingelegt hatten: dem, dass die Details, die XY für bereits seit den 70er
Jahren verwendete Prozesse neu beschrieb, nicht ausreichend erfinderisch
seien. Ein grundsätzliches Verbot von Patenten auf Spermien sprachen die
Richter nicht aus.
Die Gegner forderten jedoch genau das: einen Widerruf des Patents nach
Artikel 53b des Europäischen Patentübereinkommens, der Patente auf „im
Wesentlichen biologische“ Tier- und Pflanzenzuchtverfahren verbietet. „Das
Europäische Patentamt verstößt bewusst gegen dieses Verbot“, sagt Ruth
Tippe von der Initiative Kein Patent auf Leben.
Der größte Erfolg der Kritiker bleibt eine Auflage, nach der die
Geschlechtswahl nicht auf menschliches Sperma angewandt werden darf. Darauf
wird seitdem auch bei anderen Patenten stärker geachtet.
## Kritik von Greenpeace
Tierisches Sperma, das technisch verändert wurde, sieht das EPA hingegen
weiter nicht als unpatentierbares Leben an. Tippe kritisiert: „Das ist
absurd, wofür, wenn nicht für die Tierzucht, sollen tiefgefrorene Samen
eingesetzt werden?“ Ohne Grundsatzentscheidung bestehe weiter die Gefahr,
dass sich große Konzerne künftig Spermien mit diversen Merkmalen
patentieren lassen – zum Beispiel Anlagen für eine spezifische
Milchleistung oder Fleischmasse.
Greenpeace-Recherchen zufolge sind mehrere solcher Patente anhängig. Der
Markt hätte Potenzial, Beispiel Rinderzucht: Von den 4,5 Millionen
deutschen Milchkühen werden etwa 90 Prozent einmal im Jahr künstlich
befruchtet. Martin Häusling, Agrarexperte der Grünen im Europaparlament,
befürchtet: „Diese Patente können die Unabhängigkeit der Bauern und die
Vielfalt der Zuchtlinien langfristig beschneiden.“
Am 9. Mai stimmt das Europäische Parlament über eine Resolution von SPD-,
CSU- und Grünen-Vertretern ab, die eine Reform der Patentrichtlinie von
1998 fordert. Die Kommission soll Patente auf Leben – auch Sperma –
generell ausschließen. Das würde zumindest für politischen Druck sorgen:
Das EPA, das keine EU-Einrichtung ist und sich aus Patenterteilungen
finanziert, muss sich nicht an die Richtlinie halten.
4 May 2012
## AUTOREN
Karen Grass
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