# taz.de -- ARD-Doku über Psychopharmaka: Böse Pillen im Kinderzimmer | |
> Eine ARD-Dokumentation begleitet drei Familien mit verhaltensauffälligen | |
> Kindern. Davon geben welche ihren Kindern Pillen. Doch wie wirken die | |
> eigentlich? | |
Bild: Der König der Sendung, weil er auch ohne Pillen klarkommt: Tim beim Verh… | |
Ein Schreckgespenst geistert seit geraumer Zeit durch Kinderzimmer und | |
Grundschulgänge. Es ist das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADHS) und kann | |
das Leben von Eltern, Kindern und Lehrern zur Hölle machen. Dagegen ist ein | |
Kraut gewachsen, namens Ritalin. Eltern, die sagen, sie hätten das | |
ADHS-Gespenst mit Ritalin vertrieben, werden oft von anderen so angeguckt, | |
als hätten sie Robbenbabys geschlachtet. | |
Die ARD zeigt in der Reportage „Pillen für den Störenfried. Psychopharmaka | |
im Kinderzimmer“ drei Familien, drei Kinder mit Aufmerksamkeits-, | |
Wahrnehmungs- und Verhaltensstörungen und drei unterschiedliche Lösungen | |
und Schicksale. Die Familienporträts sind interessant, besonders die | |
obskure Geschichte der Familie Engelhardt, die mit ihrem 14-jährigen Sohn | |
offenbar ständig zwischen alle Stühle fällt. | |
Doch sorgt die Sendung letztendlich mehr für Unverständnis beim Zuschauer, | |
als dass sie über die Problematik informiert. Das liegt zum einen daran, | |
dass neben den betroffenen Familien kein Arzt ausführlich zu Wort kommt, | |
der Vorteile, Risiken und Nebenwirkungen der Medikamente erklärt. Und zum | |
anderen daran, dass vieles schlichtweg behauptet, aber nicht begründet | |
wird. | |
So entsteht schnell der Eindruck, die Regie sei ebenfalls der gängigen | |
Meinung, dass Pillen, einfach weil es Pillen sind, per se böse und | |
isolierend sind. Während die Erfolge des 10-jährigen Tim, dessen Familie | |
auf Medikation verzichtet, bei Ergotherapie und Konzentrationstraining | |
hervorgehoben werden, wird bei der Familie des ebenfalls 10-jährigen Luis | |
vor allem das leistungsorientierte Denken der Eltern hervorgehoben. Ja, das | |
mag zuweilen zutreffen, dass Eltern versuchen ihre Kinder zu optimieren. | |
Doch die ehrlichen Worte von Luis’ Vater, ohne Medikamente würde die | |
fünfköpfige Familie ins Chaos stürzen, klingen neben den kernigen Worten | |
von Tims Großmutter „Für mich ist das Kind ganz normal, die Leute halten | |
heute einfach nix mehr aus“ wie eine egoistische Rechtfertigung, und das zu | |
unterstellen wäre anmaßend. | |
„Pillen für den Störenfried. Psychopharmaka im Kinderzimmer“: Montag, 7. | |
Mai, 22.45 Uhr, ARD | |
7 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Julia Niemann | |
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