# taz.de -- Videoüberwachung in Wilhelmshaven: Kameras gegen die Angst | |
> In Wilhelmshaven gibt es vergleichsweise viel Kriminalität. Vier | |
> Überwachungskameras in der Innenstadt sollen jetzt für ein besseres | |
> Gefühl sorgen. | |
Bild: Soll den Menschen in Wilhelmshaven ein besseres Gefühl geben: Überwachu… | |
HAMBURG taz | Auch in Wilhelmshaven gibt es nun polizeiliche | |
Videoüberwachung. Ende April haben Polizeipräsident und Oberbürgermeister | |
gemeinsam die vier Kameras angeschaltet. Seither zeichnen sie das Geschehen | |
rund ums Einkaufszentrum Nordseepassage, am Hauptbahnhof, vor einigen | |
Diskotheken und in Teilen der Fußgängerzone auf. | |
Wilhelmshaven liegt im niedersächsischen Vergleich bei der Kriminalität | |
weit vorn. 2009 wurden hier 11.247 Straftaten registriert, im Jahr darauf | |
sank die Zahl auf 8.952. „Aber Wilhelmshaven hat im Vergleich zu anderen | |
Städten noch immer ein sehr hohes Kriminalitätsaufkommen, besonders im | |
Innenstadtbereich“, sagt die Wilhelmshavener Polizeikommissarin Anne | |
Weerda. Die Streifenpolizisten hätten das Problem bisher nicht lösen | |
können. | |
„Wir beobachten, dass die Provinz nachzieht und Kameras aufhängt“, sagt | |
Nils Zurawski, Soziologe am Institut für Kriminologie an der Uni Hamburg. | |
„Nach dem Motto: Was in London gemacht wird, kann bei uns nicht falsch | |
sein.“ | |
Dabei wisse man aus vielen Studien, dass Kameras kaum Straftaten | |
verhinderten. „Ein Fahrraddiebstahl kann vereitelt werden, aber ein | |
Übergriff von angetrunkenen Jugendlichen eher nicht.“ Der niedersächsische | |
Innenminister Uwe Schünemann (CDU) setzt darum wieder stärker auf | |
Polizeipräsenz: Schon bei der Vorstellung der Kriminalstatistik 2010 hatte | |
er erklärt, mehr Polizisten an Brennpunkten, also etwa vor Diskotheken, | |
zeigten Wirkung. | |
Trotzdem ist man in Wilhelmshaven von den Kameras überzeugt. In der | |
Leitstelle der Polizei sind vier Monitore aufgestellt, für jede Kamera | |
eine, und ein Beamter schaut zu. „Das müssen sie sich vorstellen, wie am | |
Empfang eines Hotels“, sagt Weerda. „Da hat man die Monitore auch nebenher | |
mit im Blick.“ Passiert etwas, wird eine Einheit losgeschickt. Bisher | |
geschah das einmal. | |
Vor zwei Jahren hatte die Stadt Wilhelmshaven eine Sozialraumanalyse in | |
Auftrag gegeben, für die 4.000 Fragebögen verschickt wurden. Ein großer | |
Teil der Befragten nannte die Innenstadt einen unsicheren Ort. Ausgelöst | |
werde die Unsicherheit durch „irritierende Gruppen“, also Jugendliche, | |
Betrunkene, Herumlungernde. | |
Der Wilhelmshavener Oberbürgermeister Andreas Wagner sprach sich bei der | |
Vorstellung der Sozialraumanalyse für die Kameras aus. Es gehe darum, „das | |
Sicherheitsgefühl an diesem Ort zu stärken“, sagte er. Soziologe Zurawski | |
hält das für ein „Kümmer-Argument“: „Man signalisiert: Wir haben | |
verstanden, ihr habt Angst und wir handeln.“ Dabei änderten die Kameras | |
nichts am Gefühl. „Viele Menschen fürchten sich ohne reale Begründung und | |
Kameras unterstreichen noch, dass Orte gefährlich sind. Warum sonst hängen | |
sie dort?“ | |
Die Wilhelmshavener haben laut Sozialraumanalyse ein eher negatives | |
Selbstbild ihrer Stadt, die Kriminalität ist hoch, die Arbeitslosigkeit | |
auch, Geschäfte stehen leer, die wirtschaftliche Zukunft ist unsicher und | |
die Leute wandern ab. „Das verunsichert“, sagt Zurawski, „und | |
Verunsicherung macht Angst.“ | |
7 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Ilka Kreutzträger | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |