# taz.de -- Vor dem G-8-Gipfel: Freihandel? Können USA und EU allein | |
> Nachdem die Welthandelsrunde seit Jahren festhängt, gewinnt die Idee | |
> eines transatlantischen Handelsabkommens Anhänger. Eine Liberalisiserung | |
> würde beiden Seiten Gewinn bringen. | |
Bild: Erster Schritt: Seit Februar erkennen die USA und EU die Biofood-Standard… | |
BANGKOK taz | Von der ganz großen Welthandelsrunde redet niemand mehr so | |
richtig. Stattdessen boomen Konzepte für bilaterale Freihandelszonen. Kein | |
Wunder, dass auch die Befürworter einer Freihandelszone zwischen der EU und | |
den USA eine neue Chance wittern: Unterstützt vom britischen Premier David | |
Cameron und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hoffen die europäische und | |
die US-amerikanische Handelskammer, dass beim G-8-Gipfel in Camp David in | |
dieser Woche die Aufnahme von Verhandlungen über eine transatlantische | |
Freihandelszone verkündet wird. | |
Rund zwei Drittel der Amerikaner und Europäer sind wohl grundsätzlich offen | |
für einen gemeinsamen Freihandel, zeigen Umfragen des | |
Meinungsforschungsinstituts Pew und des German Marshal Fund. Ende 2011 | |
setzten US-Präsident Barack Obama und EU-Ratspräsident Herman van Rompuy | |
eine entsprechende Arbeitsgruppe ein. Ein Zwischenbericht soll im Juni | |
vorliegen. | |
Die USA und die EU sind die größten Volkswirtschaften der Welt, der | |
bilaterale Handel beträgt knapp 500 Milliarden Euro, rund ein Drittel des | |
Welthandels. Beide Wirtschaftsblöcke sind bereits heute stark integriert. | |
Knapp 75 Prozent der europäischen Auslandsinvestitionen fließen in die USA, | |
Europa erhält mehr als die Hälfte der entsprechenden US-Anlagen. 7 | |
Millionen Menschen arbeiten für Unternehmen, die ihren Hauptsitz auf der | |
jeweils anderen Seite des großen Teichs haben. | |
Obwohl die Zollsätze im Transatlantikhandel im Schnitt nur 5 bis 7 Prozent | |
betragen, würde eine weitere Liberalisierung beiden Seiten Gewinn bringen. | |
Schon wenn die Zollsätze im Güterhandel auf null sänken, würde das | |
bilaterale Handelsvolumen um knapp ein Fünftel zunehmen. Das würde das | |
EU-BIP, also die Summe aller innerhalb der EU produzierten Waren und | |
Dienstleistungen, um 0,5 Prozent und das US-BIP um über 1 Prozent erhöhen, | |
schätzt der europäische Thinktank Ecipe. Für weiteres Wachstum könnte der | |
Abbau von nichttarifären Handelshemmnissen wie Quoten, Steuervorteilen oder | |
die Angleichung von sozialen und Öko-Standards sorgen. | |
## Gigantisches Projekt | |
Trotzdem wäre die tatsächliche Umsetzung ein gigantisches Projekt, zumal zu | |
befürchten ist, dass die WTO Schaden nehmen könnte, wenn die beiden größten | |
Handelsmächte ihren bilateralen Handel allein regeln. Die EU und die USA | |
„sind die zwei Verhandlungspartner, die am schwersten Übereinkommen | |
finden“, sagt der ehemalige EU-Chefunterhändler Peter Mandelson. | |
Und auch WTO-Chef Pascal Lamy sieht nahezu unüberwindliche Hindernisse: | |
„Landwirtschaft? Viel Glück.“ Bei den nichttarifären Handelshemmnissen | |
kommt hinzu, dass beide Partner gleich stark sind, wie Ecipe Direktor | |
Fredrik Erixon sagt: „Die EU und die USA können nicht das tun, was sie in | |
Verhandlungen mit kleineren Ländern tun: einfach verlangen, dass der | |
kleinere Partner die EU- oder US- Regeln übernimmt.“ | |
Trotz dieser Schwierigkeiten bleibt Thomas Donohue, der Chef der | |
US-Handelskammer, optimistisch: Die gegenwärtige Krise sei „eine großartige | |
Zeit für ein Handelsabkommen. Die Not ist da, die Angst ist da.“ | |
13 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Mihatsch | |
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