# taz.de -- Kolumne Bio: Piratenpartei – denkt auch mal nach! | |
> Wie wollen wir in Zukunft leben und arbeiten? Dazu könnten sie auch mal | |
> was sagen, die Piraten. Außer „Grundeinkommen, schalalala“ fällt ihnen | |
> aber nicht viel ein. | |
Wir sind multikulinarisch, wir sind multisexuell … und wir sind | |
multiidentitär. Gestern verbrachte ich mal wieder die ganze Nacht in meinem | |
Lieblingschat no drama. Es war völlig ausreichend, dass „plomlompom“, der | |
Autor des Buchs „Prima leben ohne Privatsphäre“, vor Ort war. Wir | |
unterhielten uns über die [1][Rentenpetition]. | |
Es gibt nämlich nun eine Petition im System des Bundestags, bei der man | |
sich dagegen auflehnen kann, dass Arbeitsministerin von der Leyen eine | |
„Zwangsrente“ für Freiberufler einführen will. Zwangsrente ist natürlich | |
ein tendenziöser Begriff, denn im Prinzip ist es richtig, dass man dazu | |
angehalten wird, sich eine Altersvorsorge zuzulegen – auch wenn Befürworter | |
der Petition behaupten, dass der überwiegende Teil der Selbstständigen | |
schon heute fürs Alter vorsorge. | |
Von der Leyen will Freiberufler verpflichten, einen bestimmten Betrag – | |
mindestens 350 bis 450 Euro – pro Monat einzuzahlen. Für diejenigen, die | |
prekär Freiberufler sind, ist das zu viel, denn sie müssen schon für die | |
Krankenkasse hohe Mindestbeiträge zahlen. Auf der anderen Seite sind all | |
diejenigen, die wie plomlompom stoisch von 1.000 Euro brutto leben, so wie | |
es einige in Berlin tun, damit vom Bankrott bedroht. | |
Mein Kumpel plomlompom und ich diskutierten also die ganze Nacht über | |
Prekarität, Rentenmodelle, das Bankgeheimnis und Möglichkeiten, den von der | |
Leyen’schen Vorschlag abzuwehren. Aber Rente ist eh Stein der Weisen. Kann | |
keiner lösen. Die Petition sei da aber schon mal nicht schlecht, auch wenn | |
man sich die Neoliberalen ins Boot hole, sagte plom. | |
Die Frage ist ja auch: Wo geht’s eigentlich hin mit unserer | |
Arbeitsgesellschaft? Ist das mit den Gewerkschaften noch zeitgemäß, fragen | |
sich viele – nicht, weil sie das abschaffen wollen, sondern weil sich | |
angesichts eines immer mehr flexibilisierten Arbeitsmarktes sehr wohl die | |
Frage stellt, wie das eigentlich weitergehen kann. | |
Dafür könnten wir die Piratenpartei brauchen. Die beschäftigt sich zwar | |
scheinbar lieber mit ihrem Personal und dem Holocaust, aber vielleicht | |
fängt sie ja auch irgendwann an, die wirklich wichtigen Fragen zu behandeln | |
– warum das deutsche Frühaufstehen, was ist denn jetzt mit den entgrenzten | |
Arbeitsverhältnissen, wie kann das digitale Prekariat Zugang und eine | |
starke Stimme erhalten – kurz und gut: wie wollen wir in Zukunft leben und | |
arbeiten? Das sind wichtige Fragen in Zeiten, in denen die Linkspartei im | |
Orkus verschwindet, weil sie keine Erzählung mehr findet, die Wählerinnen | |
und Wähler anspricht. | |
Die Piratenpartei könnte die Partei des digitalen Prekariats sein und | |
derer, die die Idee vom Zugang für alle unterstützen. Schade, dass ihr | |
außer „Grundeinkommen, schalalala“ zur Arbeitsgesellschaft nicht sonderlich | |
viel einfällt. So müssen wir diese Fragen also in no drama klären. | |
Vielleicht reicht das auch aus, und vielleicht hat ja irgendwer Lust, die | |
Ideen aus der gated community no drama auch nach draußen zu tragen. Ich zum | |
Beispiel hier mit dieser Kolumne. Also, Piratenpartei, jetzt seid ihr | |
etabliert – denkt doch mal nach! | |
15 May 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petiti… | |
## AUTOREN | |
Julia Seeliger | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |