# taz.de -- Springerstiefel und Bomberjacken: Kleiderordnung für Neonazis | |
> Wenn die Rechtsextremen am 2. Juni in Hamburg aufmarschieren, müssen sie | |
> sich gut überlegen, was sie anziehen: Die Polizei hat Auflagen zur | |
> Bekleidung gemacht. | |
Bild: Nazi in Socken? Kann passieren, wenn wie am 2. Juni in Hamburg Springerst… | |
HAMBURG taz | Am 2. Juni die passende Kleidung zum Neonazimarsch in Hamburg | |
zu finden, ist nicht bloß eine persönliche Modefrage. Zum „Tag der | |
deutschen Zukunft“ (TDDZ) erwarten die Veranstalter um Thomas Wulff und | |
Christian Worch an die 1.000 Kameraden. „Um ein ordentliches zivilisiertes | |
Erscheinungsbild (...) wie es sich für Deutsche gehört“ wird auf der | |
Mobilisierungswebseite gebeten. Keine Bitte, sondern Auflagen zur | |
Bekleidung sprach hingegen die Polizei aus, um eine Uniformierung als | |
„Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung“ zu unterbinden. | |
Am ersten Juni-Wochenende dürfen die Kameraden nun also weder Uniformen, | |
Uniformteile noch militärische Kopfbedeckungen tragen. Auch das Tragen | |
dunkler Springerstiefel bei gleichzeitigem Tragen von Bomberjacken in den | |
Farben schwarz, blau, militärgrün und dunkelrot ist untersagt. | |
In den vergangenen Jahren haben staatliche Behörden bei Aktionen der NPD, | |
den Freien Kameradschaften und den Autonome Nationalisten immer wieder | |
solche Auflagen erlassen. Zu Beginn der Veranstaltung haben die | |
Organisatoren wie Wulff oder Worch sie dann betont lakonisch vorgetragen. | |
Wenn es untersagt war, Parolen wie „Nationaler Sozialismus jetzt“ zu rufen, | |
dann wurde diese Auflage auch gern sehr schnell wiedergegeben, damit es | |
nach einem Wort klingt: „National-Sozialismus“. | |
Solche Sprachspiele erfreuen die anwesenden Demonstranten meist. Verstimmt | |
sind sie aber, wenn die Polizei sie dazu anhält, ihre Tattoos mit | |
einschlägigen Symbolen, SS-Runen, zu überzukleben, sie bei kalten Wetter | |
ihre Bomberjacken abgeben oder in Strümpfen marschieren müssen. Um ihren | |
Kameraden diese Blamage zu ersparen, veröffentlichen die Veranstalter auf | |
ihrer Website darum auch die Auflagen. Wer sie nicht gelesen hat, hat Pech. | |
„Scheiß BRD-System“ oder „Willkürstaat der Demokröten“ schimpfen die | |
Neonazis dann. | |
In Hamburg zum TDDZ dürften aber nur wenige Rechtsextreme ihre Bomberjacke | |
vermissen, denn sie gehört in der Szene schon längst nicht mehr zum | |
Must-Have. Seit Jahren boomt der Markt mit eigenen Marken, die sich eher am | |
robusten Design von Outdoormarken oder subkulturellen Style der Jugendszene | |
orientieren. Aus dem niedersächsischen Cremlingen vertreibt Marc Stange | |
beispielsweise die Szenemarke MaxH8. „Der finanzielle Gewinn mit | |
Szenemarken und Merchandising liegt bei weit über einer Million Euro“, sagt | |
Martin Langebach, Rechtsextremismusexperte an der Universität Düsseldorf. | |
Per Auflage versuchen die Behörden in Hamburg auch, den TDDZ auf eine | |
Kundgebung im Stadtteil Wandsbek zu begrenzen. Eine Klage auf die | |
Begrenzung auf eine stationäre Kundgebung haben die Veranstalter | |
eingereicht. Das scheint den Neonazis wichtiger zu sein, als die | |
Kleiderordnung. Denn die ficht die Szene um die Autonomen Nationalisten am | |
wenigsten an. Diese Szene, die die Polizei als äußerst militant einstuft, | |
trägt anderes: Schwarzes Basecap, dunkle Windbreaker oder Hoodies und | |
Baggy-Pants. | |
Vor drei Jahren misslang es der Polizei, den Neonazis mit | |
Bekleidungsauflagen Grenzen aufzuzeigen: In Bad Nenndorf durften sie 2009 | |
ihren Trauermarsch nicht in schwarzer Kleidung ausrichten. Vor dem Marsch | |
gab die Polizei den Eintreffenden weiße T-Shirts aus. In der | |
niedersächsischen Stadt fragt sich das Bündnis „Bad Nenndorf ist bunt“ bis | |
heute, warum diese Rechten überhaupt so einen Service geboten bekamen, um | |
sie mitmarschieren zu lassen. | |
Nur jene Rechten, die nicht so geschichtsbewusst waren, nahmen das Angebot | |
nicht an. Die anderen wechselten gern ihre schwarze Oberbekleidung gegen | |
das weiße Polizeiangebot. Sie wussten, dass die SA, als sie 1930 | |
kurzfristig verboten war, in weißen Hemden aufmarschierte. | |
23 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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