# taz.de -- Niederlage vorm DFB-Bundesgericht: Hertha jetzt noch abgestiegener | |
> Im Streit um die Wertung der Bundesliga-Relegation unterliegt Hertha BSC | |
> auch vorm DFB-Bundesgericht. Die Berliner entscheiden erst nach Pfingsten | |
> über einen erneuten Einspruch. | |
Bild: Es ist zum Verzweifeln: Hertha-Manager Michael Preetz und sein erfolglose… | |
FRANKFURT/MAIN dpa | Nach der erneuten juristischen Niederlage von Hertha | |
BSC ist auch an Pfingsten keine endgültige Entscheidung über den Aufstieg | |
in die Fußball-Bundesliga in Sicht. Die Berliner wollen erst ihre | |
Mitgliederversammlung am Dienstag abwarten, um danach über einen möglichen | |
Einspruch gegen das Urteil des DFB-Bundesgerichts zum Relegationsspiel bei | |
Fortuna Düsseldorf zu entscheiden. „Über Pfingsten wird in der Richtung | |
nichts passieren“, sagte Clubsprecher Peter Bohmbach am Samstag auf | |
dpa-Anfrage. | |
Zunächst müsse „in Ruhe“ die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet u… | |
darüber beraten werden. Der mögliche Einspruch werde ein Thema bei der | |
Versammlung sein, es gehe darum, ein „Stimmungsbild“ der Mitglieder zu | |
gewinnen. Der Club habe unterdessen die Spieler informiert, dass sie | |
zunächst in Urlaub gehen könnten. „Das ist aber kein Hinweis in die eine | |
oder andere Richtung“, betonte Bohmbach. Die Profis sollten „zur Ruhe | |
kommen“. | |
Für die Düsseldorfer Fußball-Profis besteht hingegen weiter eine interne | |
Urlaubssperre. „Es gibt vorerst keinen Urlaub, das wurde der Mannschaft am | |
Samstagmorgen bei einem Treffen mitgeteilt“, sagte Club-Sprecher Tom | |
Koster. Erst wollen die Düsseldorfer die Mitgliederversammlung der Berliner | |
abwarten. „Bis Mittwoch sind unsere Spieler aber vom Training befreit, dann | |
werden wir neu entscheiden, wie es weitergeht“, sagte Koster. | |
Nach dem Urteil des Bundesgerichts herrschte zunächst aber Erleichterung | |
bei den Rheinländern. „Ich bin froh und glücklich über diese Entscheidung�… | |
sagte Finanzvorstand Paul Jäger nach der quälend langen, mehr als | |
zehnstündigen Verhandlung in der Frankfurter Zentrale des Deutschen | |
Fußball-Bundes. „Von heute an fühle ich mich wie ein Bundesligist. Jetzt | |
feiere ich im Bistro.“ | |
## Hertha-Präsident Gegenbauer kündigt Beratungen an | |
Wie lange die Glücksgefühle anhalten, ist allerdings ungewiss. Berlins | |
Präsident Werner Gegenbauer kündigte Beratungen an, ob das Ständige | |
Schiedsgericht als nächsthöhere Rechtsinstanz angerufen wird. Dafür hat | |
Hertha laut Lizenzierungsordnung des Ligaverbands mindestens eine Woche | |
Zeit. Damit könnte der Hauptstadtclub den Sturz in die Zweitklassigkeit | |
vielleicht noch abwenden. | |
Das DFB-Bundesgericht hatte am späten Freitagabend in Frankfurt am Main | |
nach einer mehr als zehnstündigen Sitzung die Berufung der Berliner gegen | |
ein Urteil des DFB-Sportgerichts vom vergangenen Montag zurückgewiesen. | |
„Die Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters stand nicht in Zweifel. Eine | |
Schwächung der Mannschaft ist nicht erwiesen“, begründete der Vorsitzende | |
Richter Goetz Eilers die Entscheidung. | |
Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes hatte zuvor in erster Instanz | |
den Einspruch von Hertha gegen die Wertung der Partie abgewiesen. Sollte | |
der Urteilsspruch des Bundesgerichts bestehen, kehrt die Fortuna nach 15 | |
Jahren in die Bundesliga zurück. Die Berliner würde nach nur einer Saison | |
wieder in die Zweitklassigkeit abstürzen. | |
Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt zeigte sich nach dem Urteil | |
„enttäuscht“, auf der Gegenseite herrschte dagegen Zufriedenheit. „Wir s… | |
erleichtert. Das Bundesgericht hat richtig entschieden. Das ist eine sehr | |
gute Sache für den Sport, weil der Fall ausführlich behandelt worden ist“, | |
sagte Fortunas Rechtsbeistand Horst Kletke. Nach zwei Instanzen sei der | |
Fall „ordentlich und gründlich entschieden worden“, sagte der Jurist. | |
Kletke hofft nun auf Einsicht auf Berliner Seite und den Verzicht auf einen | |
Gang vor das Ständige Schiedsgericht des DFB: „Jetzt ist es an der Zeit, | |
sich der Entscheidung zu stellen“, empfahl Kletke. | |
Schickhardt sprach in seinem Plädoyer von einem entstandenen „Totalschaden | |
für den deutschen Fußball“ und forderte „eine Umdrehung des | |
Spielergebnisses zu unseren Gunsten“ oder eine Neuansetzung. Der | |
DFB-Kontrollausschuss empfahl dem Gericht, die Berufung zurückzuweisen. | |
## Rehhagel erzählt vom Krieg | |
Das DFB-Bundesgericht befasste sich mit der Berufung des Berliner Clubs | |
gegen das Urteil des Sportgerichts. Insgesamt wurden elf Zeugen gehört. Mit | |
drastischen Worten hatte Hertha-Trainer Otto Rehhagel als Zeuge vor dem | |
Bundesgericht für eine Wiederholung des Relegationsspiels plädiert. „Für | |
mich war das alles irregulär“, meinte der 73-Jährige zum Fan-Auflauf in der | |
Schlussphase des Spiels, „das war ein Ausnahmezustand, wie ich ihn in 40 | |
Jahren als Bundesligatrainer nicht erlebt habe.“ | |
„Wenn die Meute losrennt, gibt es kein Halten mehr“, berichtete Rehhagel. | |
Er habe jedoch schon schlimmere Momente erlebt. Auf die Frage, ob er in der | |
hitzigen Schlussphase Furcht gehabt habe, meinte Rehhagel: „Halb Angst … | |
Ich habe 1943 in einem Keller im Ruhrgebiet gesessen, als uns die | |
Amerikaner bombardiert haben.“ Nach 44 Minuten verließ der zu Anekdoten | |
aufgelegte Trainer um 16.18 Uhr wieder den Sitzungssaal. Düsseldorfs Anwalt | |
Horst Kletke entgegnete Rehhagel, es gebe „keinen Anlass, das Spiel mit | |
Bombenwürfen aus dem Zweiten Weltkrieg zu vergleichen. Hier wurde niemand | |
verletzt.“ | |
Der Hauptstadtclub hatte nach dem 2:2 am 15. Mai in Düsseldorf Protest | |
gegen die Spielwertung eingelegt. Weil Fortuna-Anhänger schon vor dem | |
Abpfiff den Rasen stürmten, hatte Schiedsrichter Wolfgang Stark das Spiel | |
für 21 Minuten unterbrochen. Als die Fans den Rasen wieder verlassen | |
hatten, pfiff der Referee die Partie noch einmal für 93 Sekunden an. | |
## Folgenloser Paragraf 17 | |
Hertha berief sich nun auf Paragraf 17 der Rechts- und Verfahrensordnung | |
des DFB. Demnach können Einsprüche gegen die Spielwertung unter anderem | |
erhoben werden, wenn die eigene Mannschaft geschwächt wird „durch einen | |
während des Spiels eingetretenen Umstand, der unabwendbar war und nicht mit | |
dem Spiel und einer dabei erlittenen Verletzung im Zusammenhang steht“. | |
Aus diesem Grund führte Hertha-Anwalt Schickhardt dem Gericht eine | |
77-sekündige Fernseh-Aufzeichnung vor. „Die TV-Bilder sollen zeigen, dass | |
der Platzsturm erfolgte, als das Spiel noch lief, also als der Ball noch im | |
Spiel war“, erklärte der Jurist. Zudem präsentierte er neues Bild-Material: | |
Insgesamt 16 Fotos sollten die bedrohliche Ausnahmesituation rund um das | |
Spiel belegen. Düsseldorfs Anwalt Kletke hielt seinerseits Aufnahmen | |
entgegen – diese sollten zeigen, das in der Schlussphase keine Gefahr für | |
Leib und Leben bestand. | |
Um 12.52 Uhr hatte Eilers als ersten Zeugen von DFB-Seite Schiedsrichter | |
Stark geladen. Der Richter wollte vor allem erfahren, wie gefährlich sich | |
die Schlussphase der Chaospartie in Düsseldorf dargestellt hatte. „Ich | |
hatte keine Angst, dass die Fans was von mir oder den Spielern wollten“, | |
meinte Stark. | |
## Weitere Ermittlungen stehen noch aus | |
Richter Eilers rekonstruierte anhand der Zeugenaussagen in ruhiger, aber | |
bestimmter Weise die chaotischen Umstände in der Schlussphase der | |
Begegnung. Bis zum Abend hörte Eilers unter anderen noch Hertha-Co-Trainer | |
Ante Covic und Berliner Spieler, unter anderen Raffael. Er habe Angst „auch | |
um meine Familie gehabt“, sagte der Brasilianer im Rückblick auf die | |
Partie. | |
Gegen beide Vereine, die Berliner Profis Lewan Kobiaschwili, Christian | |
Lell, Thomas Kraft und André Mijatovic sowie Fortunas Andreas Lambertz | |
ermittelt unterdessen noch der DFB-Kontrollausschuss. Diese Fälle werden | |
voraussichtlich zu einem späteren Zeitpunkt verhandelt. | |
Hertha muss mit einer Geldstrafe rechnen, weil Fans Bengalos gezündet und | |
auch aufs Spielfeld geworfen hatten. Düsseldorf droht sogar ein | |
Geisterspiel oder eine Platzsperre. Auch Fortuna-Kapitän Lambertz steht | |
Ärger bevor, weil er im Innenraum des Stadions ein Bengalisches Feuer in | |
der Hand hielt. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt indes gegen | |
Zuschauer und Spieler beider Teams. | |
26 May 2012 | |
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