# taz.de -- Rettungspaket für VfL Osnabrück: Politik fordert Profifußball | |
> Die Stadt Osnabrück hat ein Hilfspaket für den klammen VfL Osnabrück | |
> entwickelt und will, dass der Drittligist ausgegliedert wird. Das gefällt | |
> nicht allen Fans. | |
Bild: Sollen mit Hilfe der Stadt auch weiter den Rasen küssen können: Spieler… | |
OSNABRÜCK taz | Die Stadt Osnabrück hat den Fußball-Drittligisten VfL | |
Osnabrück vor der Insolvenz gerettet. Sie bürgt für die vom DFB geforderte | |
Liquiditätsreserve von etwa zwei Millionen Euro und hat ein Rettungspaket | |
für den Verein geschnürt. Dafür fordern die Kommunalpolitiker allerdings | |
die Professionalisierung der Strukturen und des Personals des VfL. Die | |
Profiabteilung des Vereins soll eine GmbH oder Kapitalgesellschaft werden – | |
das sieht jedenfalls ein von Oberbürgermeister Boris Pistorius (SPD) und | |
VfL-Interimspräsident Gert Lehker erdachtes Modell vor. Dies trifft den | |
Unmut einiger Fans. | |
„Die Schnelligkeit und Qualität unserer Führungsentscheidungen sind nicht | |
mehr zeitgemäß“, sagt Lehker. Es gehe nicht, dass Feierabend-Manager die | |
entscheidenden Weichen stellen. Außerdem müsse der Etat des Vereins | |
langfristig deutlich aufgestockt werden, sagt der Geschäftsmann, der neben | |
AWD-Gründer Carsten Maschmeyer bis 2006 Gesellschafter bei Hannover 96 war. | |
Sein Ziel: Er will den VfL in die 2. Liga bringen und dort etablieren. | |
Lehker will auf der Mitgliederversammlung im November zum Präsidenten | |
gewählt werden. All das scheint ihm nur mit dem von ihm mitentwickelten | |
Modell möglich. | |
„Eine Kapitalgesellschaft soll die Profi-Abteilung führen mit einem | |
Aufsichtsrat, der kontrolliert und prüft“, fordert auch Ratsherr Frank | |
Henning (SPD). Der Finanzbeamte ist Vorsitzender im Aufsichtsrat der | |
Osnabrücker Beteiligungs- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH (OBG) | |
– ein wichtiger Akteur für den zweiten Teil des Rettungspakets. Das sieht | |
vor, dass die OBG vom Verein im Rahmen eines sogenannten | |
Sale-&-Lease-Back-Modells Immobilien kauft und dafür 7,6 Millionen Euro | |
zahlt. Im Gegenzug least der VfL diese Gebäude zu einem Preis von 500.000 | |
Euro pro Jahr. Da der Verein momentan 700.000 Euro für seine Immobilien | |
zahlen muss, bleiben ihm 200.000 Euro, die investiert werden können. | |
Vor Abschluss des Sale-&-Lease-Back-Vertrags will die Kommune erst | |
abwarten, ob die Forderung nach struktureller und personeller | |
Professionalisierung umgesetzt wurde. Ohne dieses Rückmiet-Rettungsmodell | |
droht dem Verein die Pleite, auf die Stadt könnten dann Zahlungen in | |
Millionenhöhe zukommen – unter anderem wegen der nun ausgesprochenen | |
Bürgschaft. | |
Beim VfL wurden finanzielle Löcher in der Vergangenheit oft gestopft, in | |
dem Gönner mit ihrem Privatvermögen aushalfen und Kredite vergaben. In | |
guten Zeiten in der 2. Liga oder als der VfL in der Saison 2009/2010 im | |
DFB-Pokal bis ins Viertelfinale vorstieß, wurden die Einnahmen verwendet, | |
um solche Schulden abzutragen. So kochte der Verein auf Sparflamme, lebt | |
von der Hand in den Mund. Eine finanzielle wie sportliche Konsolidierung | |
konnte nicht erreicht werden. | |
In den 2000er Jahren entwickelte sich der VfL zu einem Schwellenverein. | |
Länger als zwei Jahre konnte er sich nicht in der 2. Liga enthalten. Die | |
Folge des bisher letzten Abstiegs des VfL im Sommer 2011 war, dass sich | |
Fans vom Verein abgewendet haben. Einige forderten offen die Rücktritte von | |
Manager Lothar Gans und Geschäftsführer Ralf Heskamp. Doch weder Lehker | |
noch Pistorius wollen ihnen die Schuld in die Schuhe schieben. Gleichwohl | |
skizziert Lehker andere Führungsmodelle: Er kann sich eine Doppelspitze | |
vorstellen, an der Trainer Claus-Dieter „Pele“ Wollitz als Sportdirektor | |
und eine Person X als Geschäftsführer agieren. | |
Teile der Fans befürchten, dass von der Gründung einer „Profit-Abteilung“ | |
vor allem die handelnden Personen profitieren. Andere bangen um ihr | |
Mitspracherecht. | |
Angesichts dieser Entwicklung hat sich im Januar 2012 die Fan-Gruppe NfdV | |
(„Nur für diesen Verein“) gegründet. Ihr Ziel: Mitbestimmung, Transparenz | |
und mehr Demokratie. Der Forderung nach einer Professionalisierung steht | |
NfdV-Sprecher Daniel Dincher positiv gegenüber. Die Frage, ob eine | |
Ausgliederung notwendig sei, sieht er aber nicht beantwortet: „Können Fans | |
und Mitglieder auch außerhalb der Vereinsstruktur ihr Mitspracherecht | |
behalten?“, fragt er sich. | |
Die Osnabrücker Politik geht jedoch davon aus, dass ihre Forderung | |
umgesetzt wird. Und in der Tat scheint die Ausgliederung der | |
Profi-Abteilung beschlossene Sache zu sein. Der Vertrag für das | |
Sale-&-Lease-Back soll im November unterschrieben werden, im Anschluss an | |
die kommende Mitgliederversammlung. Der neu gewählte Präsident heißt dann | |
mit hoher Wahrscheinlichkeit Gert Lehker. | |
31 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Thomas Wübker | |
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