# taz.de -- Flughafen Tegel soll es richten: Auf Kante genäht, passt aber | |
> Trotz zusätzlicher Flüge: Das befürchtete Chaos in Tegel bleibt aus. | |
Bild: Einige Monate muss es der grambeugte Tegel-Airport noch richten. | |
Willy Brandt heißt die Welt auch weiterhin willkommen. Von einem Gerüst im | |
Innenrondell des Flughafens Tegel lächelt er überdimensional auf die | |
Ankommenden herab. Eine Gruppe des Flughafenpersonals zieht gackernd an ihm | |
vorbei. „Die haben da doch schon mal dran rumgebastelt“, tönt einer. Mit | |
„die“ meint er acht Bauarbeiter, die auf dem Gerüst herumturnen und bereits | |
eines der Brandt-Konterfeis hochgerollt haben. | |
Der alte Kanzler muss weichen, da der Flughafen, der seinen Namen tragen | |
soll, nicht wie geplant am vergangenen Sonntag eröffnete. Das soll erst am | |
17. März 2013 geschehen. Bis dahin muss Tegel seine Kapazitäten erhöhen, | |
obwohl der für 7 Millionen Passagiere ausgelegte Flughafen schon seit | |
Jahren an der Kapazitätsgrenze operiert. Alle Flüge, die am neuen | |
Großflughafen zusätzlich starten sollten, werden nun von Tegel aus | |
abgewickelt. „Der Betrieb in Tegel ist stark auf Kante genäht. Vor allem in | |
der anstehenden Ferienzeit kann es zu Problemen kommen“, erklärt Ralf | |
Kunkel, Sprecher der Flughafengesellschaft. Auf dem Flughafen sind jetzt | |
sechs zusätzliche Flugzeuge stationiert. Allein die Lufthansa wird pro | |
Woche 1.050 Starts und Landungen fliegen, 35 Prozent mehr als bisher. | |
## Fast gelangweilt | |
Das befürchtete Chaos in Tegel ist bislang ausgeblieben. Es wirkt eher leer | |
in den Gängen, das Personal der Lufthansa sitzt fast gelangweilt hinter | |
ihren Schaltern. Die Anzeigentafel im Eingangsbereich scheint den ersten | |
Eindruck zu bestätigen: Lediglich ein Flug aus Antalya wird als verspätet | |
gelistet. | |
Auf einer Bank vor dem Check-in-Schalter nach Amsterdam sitzt eine | |
Stewardess und isst in aller Seelenruhe eine Currywurst. „Momentan ist es | |
nicht so schlimm wie erwartet“, erklärt sie auf Nachfrage. „Da kommen aber | |
bestimmt noch andere Tage.“ Eigentlich dürfe sie gar keine Auskünfte geben, | |
sagt die Frau lächelnd. Ein Stück weiter sitzt ein mittelaltes Paar. „Wir | |
sind extra aus München hierher geflogen, um auf dem neuen Flughafen zu | |
landen“, erzählt Frau Ostermaier traurig. Die Eheleute hatten Mitte März | |
ihre Flüge gebucht, sie wollten nur hin und wieder zurück fliegen. Anfang | |
Mai kam dann die schlechte Nachricht. Ob sie nächstes Jahr wieder fliegen | |
wollen? „Freilich“, sagt Herr Ostermaier. „Wenn’s nicht wieder verschob… | |
wird.“ | |
Kaum etwas weist darauf hin, dass Tegel eigentlich schon seit Sonntag | |
geschlossen sein sollte. Nur auffällig viele Polizeibeamte und | |
Servicemitarbeiter patrouillieren durch die Gebäude. Vor einem Restaurant | |
steht eine Berliner Schulklasse, die eigentlich vom nagelneuen BER aus nach | |
Barcelona abheben sollte. Als klar war, dass Tegel weiter offen bleibt, ist | |
die Lehrerin ins Reisebüro gegangen und hat die Flüge umgebucht, erzählt | |
der 17-jährige Max. Er ist glücklich, dass das alles so „wunderbar“ | |
geklappt hat: „Eigentlich ist Tegel doch schon ausgelastet.“ | |
5 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Vincent Streichhahn | |
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