# taz.de -- Rocker-Prozess: Hells Angels in Ungnade | |
> Angeklagter beschuldigt Hannovers Hells-Angels-Chef Frank Hanebuth des | |
> Auftragsmords. | |
Bild: Heersches Firmengeflecht: Razzia in einem Walsroder Bordell, August 2011. | |
WALSRODE taz | Während vor dem Landgericht Kiel der Prozess gegen einen | |
Ex-Rocker fortgesetzt wird, geraten auch in Niedersachsen Hells | |
Angels-Mitglieder zunehmend unter Druck: Den Vorwurf, Hannovers | |
Hells-Angels-Chef Frank Hanebuth habe die Ermordung des vor zwei Jahren | |
verschwundenen Tekin Bicer in Auftrag gegeben, bekräftigte am Dienstag der | |
Ex-Präsident des Hells-Angels-Unterstützerclubs „Legion 81“: Er ist in Ki… | |
wegen Menschenhandels, Zuhälterei und Körperverletzung angeklagt. | |
Der 40-Jährige ist mittlerweile Hauptbelastungszeuge bei mehreren | |
Ermittlungsverfahren der Kieler Staatsanwaltschaft gegen Hells Angels. Die | |
Razzia kurz vor Pfingsten etwa, bei der 1.200 Polizisten in | |
Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen Bordelle, Gaststätten und | |
Wohnungen durchsuchten, geht auf Aussagen des Kielers zurück, der | |
mittlerweile unter Zeugenschutz steht. Ebenso die Suche nach der Leiche des | |
Türstehers Bicer, die angeblich in einer Lagerhalle bei Kiel einbetoniert | |
ist. | |
Vor Gericht hat der Zeuge angegeben, Hannovers Hells-Angels-Chef Hanebuth | |
habe nicht nur „grünes Licht“ für den angeblichen Mord gegeben. Auch habe | |
Hanebuth bundesweit eine zentrale Rolle bei den Hells Angels: Er genehmige | |
etwa den Gebrauch von Schusswaffen. | |
Die einzelnen Charter – regionale Ableger – müssten bei ihm Geld aus | |
Waffen- und Drogenhandel sowie Zuhälterei abliefern. Hanebuth wiederum | |
leite die Gelder in die USA weiter. | |
Hanebuth selbst weist solche Vorwürfe zurück, den Kieler kennt er nach | |
eigenen Angaben nicht persönlich. Gegenüber der Bild-Zeitung bezeichnete er | |
ihn gar als „geisteskrank“. | |
Hanebuths Weggefährte Wolfgang Heer, Bordellbetreiber im niedersächsischen | |
Walsrode, fällt in seiner Heimatstadt zunehmend in Ungnade: Mitte Mai hat | |
die Staatsanwaltschaft Verden Anklage wegen ausbeuterischer Zuhälterei | |
gegen Heer erhoben, der in Walsrode und Umgebung das Rotlichtgeschäft | |
beherrscht und mit seiner Familie ein Geflecht unterschiedlicher Firmen | |
unterhält. | |
Während Heer die Vorwürfe bestreitet, hat die Stadt jetzt einen Auftritt | |
der Band „Hells Balls“ bei ihrer Konzertreihe „Walsroder Mittwoch“ | |
abgesagt, den eine Firma aus Heers Unternehmensgeflecht ausrichten wollte. | |
„Wir wissen nicht genau, welche Berührungspunkte es bei der Veranstaltung | |
mit den Hells Angels gibt“, sagt der Vorsitzende des kommunal geförderten | |
Walsroder Stadtmarketingvereins, Reinhard Plötz. Stadt, Förderverein, alle | |
Ratsfraktionen und die Polizei hätten deshalb gemeinsam die Absage | |
beschlossen. | |
Auch sei die Unruhe durch die fortlaufende Berichterstattung über Walsrodes | |
Rocker mittlerweile „unerträglich“, so Plötz zur taz. Ausrichter des „H… | |
Balls“-Konzert sollte das „Colosseum“ Bowling-Center sein. Dessen | |
Geschäftsführer war bis vor Kurzem noch Heers Sohn Michel – wie sein Vater | |
Mitglied des Hells Angels-Charters Hannover. Mittlerweile tritt er bei | |
„Coloseum “ nur noch als Vermieter auf. | |
Noch im vergangenen Jahr setzte die Stadt bei ihren Mittwochs-Konzerten | |
ganz auf die Heers: Für die Bewachung beauftragte man „GAB Security“, eine | |
gemeinsame Firma von Heer senior und Hanebuth. Auch der örtliche | |
Fußballclub engagierte „GAB Security“. | |
Ein „Problem mit Hells Angels“, gar ein „Gutheißen oder eine | |
Zusammenarbeit“ habe es in Walsrode nie gegeben, erklärt Stadtwerber Plötz. | |
Dass Heer junior seit Jahren Mitglied des städtischen Fördervereins ist, | |
bestätigt er erst auf Nachfrage. „Es würde schwierig werden, ihn dort zu | |
entlassen“, sagt Plötz. Und versichert: Im Vereinsleben spiele Heer keine | |
große Rolle. | |
5 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
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