# taz.de -- Zweitausendstes „Tagesbild“ versteigert: Täglich erfolgreich d… | |
> Edward B. Gordon malt jeden Tag ein Bild. Auf dem Blog des Malers kann | |
> man die „Tagesbilder“ ersteigern, heute endet die Auktion für Bild Nummer | |
> 2.000. | |
Bild: Tagesbild „Washing“. | |
BERLIN taz | Michelangelo brauchte sieben Jahre, um das Altargemälde in der | |
sixtinischen Kapelle fertigzustellen. Diesen Luxus kann sich Edward B. | |
Gordon nicht leisten. Gut, seine Bilder sind kleiner als das über 200 | |
Quadratmeter große Fresko von Michelangelo. Setzt man jedoch Gordons 2.000 | |
„Tagesbilder“ zusammen, kommt man immerhin auf eine Fläche von 45 | |
Quadratmetern. | |
[1][„A painting a day“] heißt der Blog des 46-jährigen Malers. Und dieses | |
Motto zieht er konsequent durch. Seit fünfeinhalb Jahren streift er durch | |
Berlin, fängt Impressionen ein und lässt sie auf 15x15cm kleinen Leinwänden | |
wieder frei. So ist ein Kaleidoskop Berlins entstanden: Dreckig und laut | |
sind manche Bilder, andere melancholisch und wehmütig. | |
Es sind zufällige Alltagsszenen. Und doch hat man das Gefühl, ganz kann | |
sich Edward B. Gordon nicht hinter seinen kräftigen Farben verstecken. Ein | |
bisschen scheint er hindurch, seine Vorliebe für schmale Rücken von Frauen, | |
für kräftiges Grün und deprimierendes Grau. | |
Der Form des Blogs bedient sich Gordon seit November 2006. „Ich kann mich | |
nur bei Steve Jobs bedanken, er hat uns diese Tools gegeben. Das ist für | |
einen Künstler mittlerweile wichtiger als die Farbtube. Ich bin frei vom | |
Feuilleton, frei vom Kunstmarkt und diesem ganzen Klüngel.“ | |
Steve Jobs wollte mit seinen Apple-Computern von Anfang an die Kreativen | |
erreichen, wolle bedienbare Oberflächen schaffen. Als IBM noch von | |
Großrechnern lediglich für Firmen sprach, entwickelte Jobs bereits | |
nutzerfreundliche Computer für Kreativschaffende. Und hatte die Vision, in | |
jedem Haushalt einen Rechner zu installieren. | |
## Demokratisierung der Kunst | |
Für Gordon ist das die Demokratisierung der Kunst: „Auf meinem Blog sage | |
ich: Schau mal, das habe ich gemalt, gefällt euch das? Oder nicht?“ Das | |
Publikum entscheidet direkt, urteilt, lobt. Keine Kunst-Schickeria schaltet | |
sich ein, keine hohen Schwellen von unterkühlten Galerien müssen überwunden | |
werden. Trotzdem stellt er momentan in Berlin aus. | |
In einer jungen Galerie, die erst Anfang des Jahres eröffnet hat. Einige | |
„Tagesbilder“, einige großformatige Werke. Ihm ist bewusst, dass ein echtes | |
Bild, auf dem die Erhabenheit der Farbe, der Strich des Pinsels zu erkennen | |
sind, manchmal mehr Wert sein kann als ein digitales Abbild seiner Werke. | |
Vergangene Woche malte Edward B. Gordon [2][das 2.000. Bild]. Ausnahmsweise | |
ist es ein bisschen größer, die Dame mit Schirm erstreckt sich über 30 cm. | |
Und ebenfalls ausnahmsweise ist es eine Woche lang in Auktion. Bis Montag | |
abend um 19 Uhr kann geboten werden. Stand des letzten Gebotes am Montag um | |
14 Uhr: 1.500 Euro. An Tagen mit einem weniger runden Jubiläum kosten die | |
Bilder ab 150 Euro aufwärts. Durchschnittlich geht ein „Daily Painting“ f�… | |
450 Euro über den digitalen Auktionstisch. | |
Für Edward B. Gordon ist sein Umgang mit Kunst eine Mentalitätsfrage. Er | |
bewundert Künstler, die den klassischen Weg gehen. Kunsthochschule, | |
Meisterschüler, Galerie. Das war nie sein Weg. „Ich musste immer sehen: | |
Hier habe ich ein Bild gemalt, wie kann ich damit meine Miete bezahlen?“ | |
Auch Gordon hat Klinken geputzt, ging mit seiner Mappe in London von | |
Galerie zu Galerie. Damals, in den 1980er Jahren, kam er sich „wie ein | |
Depp“ vor. Der Blog ist eine Befreiung für ihn, bietet ihm Unabhängigkeit. | |
Bewusst malt er nicht das Berlin der Touristen, keinen Sonnenuntergang | |
hinterm Brandenburger Tor. Ihm ist eine Frau im Bahnhof Schöneweide beim | |
Kaffeetrinken lieber als die Queen auf Staatsbesuch. 2.000 ist keine Grenze | |
für ihn, er wird weiterhin jeden Tag ein Bild malen und versteigern. Bisher | |
hat er außer einmal über Weihnachten nie ausgesetzt. Im Urlaub war er noch | |
nie und krank auch nicht. Wie muss man sein, um so etwas zu leisten? „Ich | |
bin kein geselliger Mensch. Aber das darf ein Maler ohnehin nie sein. Ich | |
bin gerne alleine.“ | |
11 Jun 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://edwardbgordon.blogspot.de/ | |
[2] http://edwardbgordon.blogspot.de/2012/06/2000.html | |
## AUTOREN | |
Nicola Schwarzmaier | |
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