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# taz.de -- Junge Südkoreaner als Cyber-Wächter: Googlen für den Geheimdienst
> Junge konservative Aktivisten in Südkorea durchsuchen das Netz nach
> nordkorea-freundlichen Beiträgen. Was sie finden, geben sie den Behörden.
> Denn Nordkorea zu loben, ist verboten.
Bild: Suchen nach Texten, in denen Nordkorea glorifziert wird: Junge Südkorean…
SEOUL dapd | Für die 26-jährige Südkoreanerin Ma Han Joo ist Google nicht
einfach nur eine Suchmaschine, Twitter nicht nur ein Kommunikationsmittel.
Für Ma und Tausende andere junge Konservative in Südkorea sind sie wichtige
Waffen im Kampf gegen Nordkorea-Sympathisanten im Netz.
Ma sucht mit Google in ihrer Freizeit nach Blogs, Videos und anderen
Postings, in denen Südkoreaner das kommunistische Nordkorea glorifizieren.
Im vergangenen Jahr meldete sie mehr als 30 Postings, die sie als
gefährlich einstufte und die „Südkoreaner einer Gehirnwäsche unterziehen
könnten“, an den Geheimdienst. Mit Suchwörtern wie „Großer Führer“ od…
„Sonne Nordkoreas“ durchforstet Ma das Web. Wenn sie fündig wird, reicht
sie den Link und ein Bildschirmfoto an die Behörden weiter.
Die Geheimdienst nutzt die Informationen, um mögliche Verstöße gegen das
Gesetz zur nationalen Sicherheit zu untersuchen. Darin wird unter anderem
untersagt, Nordkorea zu loben oder zu verherrlichen. Bei Verstößen drohen
bis zu sieben Jahre Haft. Nord- und Südkorea befinden sich technisch
gesehen noch immer im Krieg, weil der bewaffnete Konflikt 1953 nicht mit
einem Friedensvertrag endete, sondern lediglich mit einer Waffenruhe.
Die Zahl der Strafverfolgungen unter dem Sicherheitsgesetz hat in den
vergangenen Jahren zugenommen. Verurteilungen sind schwer zu erreichen,
aber nicht ungewöhnlich. Im September wurde ein 43-jähriger Südkoreaner zu
zehn Monaten Haft verurteilt, weil er eine pronordkoreanische Website
betrieb und in mehr als 300 Texten und sechs Videos Nordkorea pries.
## Eine Uhr als Belohnung
Die jungen Nationalisten wie Ma betrachten sich als Cyber-Wächter der
nationalen Sicherheit, die das Internet von einer Infiltration
nordkoreanischer Ideen schützen wollen. Sie fordern eine strenge
Durchsetzung der Sicherheitsgesetze, die nach Einschätzung von Kritikern
die Meinungsfreiheit zu stark beschneiden.
Die Aktivisten seien eine „Manifestation eines fehlgeleiteten
Patriotismus“, erklärte der Direktor der Menschenrechtsstiftung Saram, Park
Lae Goon. „In einer demokratischen Gesellschaften sollten wir in der Lage
sein, über unterschiedliche Ideologien und Meinungen zu sprechen.“
Der Geheimdienst sieht das naturgemäß anders und belohnt Informanten mit
einer Uhr, die unter Jugendlichen zu einem begehrten Accessoire geworden
ist. Sie nennen sie „die Eine Uhr“ nach „dem Einen Ring“ aus der „Her…
Ringe“-Trilogie. Ma und der 17-jährige Park In Beom haben die Uhr bereits
erhalten. Park sagte, er habe sich sehr gefreut, als die Uhr gemeinsam mit
einem Dankesbrief des Geheimdienstes eingetroffen sei. "Da habe ich
gewusst, dass ich das Richtige tue."
## 79.000 Web-Einträge wurden entfernt
Viele der Aktivisten sagen, für sie sei der Beschuss einer südkoreanischen
Insel durch Nordkorea 2010 der Auslöser gewesen, sich zu engagieren. Es war
der erste Angriff auf ziviles südkoreanischen Territorium seit dem
Koreakrieg. „Ich habe mir ernsthaft überlegt, was ich für mein Land tun
kann“, sagte Park. In den Ferien ist er zwei oder drei Stunden pro Tag im
Netz unterwegs, klickt sich durch Websites und sucht nach
Nordkorea-Sympathisanten.
Die seit 2008 amtierende konservative Regierung vertritt eine härtere Linie
gegen die Nordkorea-Sympathisanten. Im vergangenen Jahr blockierte sie 187
Konten bei Twitter und in anderen sozialen Netzwerken, in denen Nordkorea
positiv betrachtet wurde. Außerdem wurden mehr als 79.000 entsprechende
Internet-Postings entfernt, etwa 40 Mal mehr als 2008.
2010 wurden 52 Verdächtige angeklagt. Rund 20 wurden schuldig gesprochen,
von denen sieben Haftstrafen erhielten, wie ein früherer Abgeordneter unter
Berufung auf das Justizministerium erklärte. Einzelheiten darüber, wie
viele Haftstrafen wegen der Glorifizierung Nordkoreas verhängt wurden,
nannte das Ministerium nicht.
## Gegen Versöhnungspolitik
Im Internet präsentieren Tausende Aktivisten stolz die pronordkoreanischen
Inhalte, die sie an die Behörden gemeldet habe. Sie engagieren sich auch
auf Twitter und argumentieren gegen Anhänger einer Politik der Versöhnung
mit Nordkorea. „Twitter ist kein Kommunikationsmittel, sondern eine Waffe“,
erklärte ein 16-jähriger Schüler, der seinen Namen nicht nennen wollte, um
nicht zum Ziel von Anfeindungen von Nordkorea-Sympathisanten zu werden, zu
denen auch Lehrer zählen könnten.
Kim Jong Bo, ein Mitglied der Anwälte für eine Demokratische Gesellschaft,
erklärte, er sei antikommunistisch erzogen worden und verstehen, warum die
Schüler und Studenten der Regierung ohne nachzufragen folgten. „Ich würde
ihnen gerne sagen, dass sie auch andere Meinungen hören müssen“, sagte er.
12 Jun 2012
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