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# taz.de -- Chinas Ein-Kind-Politik: Zwangsabtreibung im siebten Monat
> Ihr Bilder schockieren China: Eine Frau wurde im 7. Monat zum
> Schwangerschaftsabbruch gezwungen. Die Behörden reagieren und wollen den
> illegalen Vorgang untersuchen.
Bild: Das Bild zeigt die 23-Jährige nach der Zwangsabtreibung.
PEKING taz | Eigentlich haben Vertreter der chinesischen Zentralregierung
wiederholt angekündigt, bei ihrer Ein-Kind-Politik nicht mehr so rigoros
vorgehen zu wollen. Bei so manch einem Provinzkader scheint das aber noch
nicht angekommen zu sein. Immer wieder kommt es zu grausamen
Zwangsabtreibungen, weil Frauen mit einem zweiten Kind schwanger sind und
sie die drakonischen Geldstrafen nicht aufbringen können. So auch im
jüngsten Fall.
In der Kreisstadt Zhengjia in der nordwestlichen Provinz Shaanxi haben
örtliche Behörden eine junge Frau zur Abtreibung gezwungen, die im siebten
Monat schwanger war. Die 23-Jährige hatte zuvor die Strafe von umgerechnet
5.000 Euro nicht aufbringen können, die sie wegen Verstoßes gegen die
Ein-Kind-Politik hätte zahlen müssen.
Der Ehemann berichtet gegenüber chinesischen Medien, dass Polizisten seine
Frau daraufhin festnahmen, sie mit verbundenen Augen an einen unbekannten
Ort schleppten und sie drei Tage lang gefangen hielten. Anschließend hätten
fünf Männer sie geknebelt und gewaltsam Gift in den Fötus injiziert. Zwei
Tage später gebar sie in einem Krankenhaus das tote Kind.
Fotos der Frau und des blutverschmierten Kindes im Internet zeugen von
dieser grausamen Tat. Die Bilder lösten landesweit Empörung aus. „Ich
schäme mich, in so einem brutalen Staat zu leben“, schrieb eine Frau auf
dem chinesischen Mikroblogdienst Weibo. Eine andere Nutzerin forderte harte
Strafen für „diese Mörder“ und verglich sie mit „japanischen Teufeln“…
„Nazis“.
## Seit 2001 verboten
Die Familienplanungsbehörde der Provinz Shaanxi hat inzwischen auf die
Kritik reagiert. Sie erklärte den Vorgang ihrer Beamten für illegal, der
Untersuchungen nach sich ziehen werde. „Dieses Verhalten verstößt
schwerwiegend gegen die Politik der Nationalen Bevölkerungs- und
Familienplanungskommission“, lies sie in einer Erklärung verlautbaren.
Tatsächlich sind Abtreibungen in einem so fortgeschrittenen Stadium auch in
China seit 2001 verboten. Die Verantwortlichen vor Ort hingegen behaupten,
die 23-Jährige hätte ihr Einverständnis zur Abtreibung gegeben. Ihr Mann
widerspricht: „Sie haben ihre Hand genommen und sie gezwungen zu
unterschreiben.“
Seit 1979 gilt in der Volksrepublik die Ein-Kind-Politik. Sie erlaubt
Ehepaaren in den Städten ein Kind, auf dem Land zwei, sofern es sich beim
Erstgeborenen um eine Tochter handelt. Bei Verstoß müssen sie hohe Strafen
zahlen und Benachteiligungen etwa bei der Kinderbetreuung oder der
Wohnungsvergabe in Kauf nehmen. Nach Angaben der Nationalen
Familienplanungsbehörde sind seit der Einführung 400 Millionen Geburten
verhindert worden.
Waren die Behörden in den ersten Jahren vor allem auf dem Land etwas
weniger streng und in den Städten sehr rigoros, hat sich das in den
vergangenen Jahren umgekehrt. Nun kommt es immer wieder zu Fällen, in denen
die Behörden in den Provinzen auf die Ein-Kind-Politik beharren und
zuweilen auch über ihre Befugnisse hinaus agieren.
Längst wird die Ein-Kind-Politik aber auch innerhalb der regierenden
Kommunistischen Partei in Zweifel gezogen. Das Geschlechterverhältnis, das
bei der Geburt in der Regel bei 106 Jungen auf 100 Mädchen liegt, ist in
China auf eine Proportion von 118 zu 100 gestiegen.
Zudem wird die Volksrepublik in absehbare Zeit vor demografische Probleme
gestellt werden. 2030 wird mehr als ein Drittel der Bevölkerung älter als
60 Jahre sein. Dabei ist Chinas Sozialsystem jetzt schon überfordert.
17 Jun 2012
## AUTOREN
Felix Lee
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