# taz.de -- Kommentar Wahl in Frankreich: Zum Erfolg verdammt | |
> Die französischen Sozialisten haben einen historischen Sieg errungen. | |
> Ihre Mehrheit ist aber auch Verpflichtung: Hollande hat nun keine | |
> Ausreden mehr | |
Am Tag danach unterstreichen die französischen Zeitungen, wie historisch | |
der Sieg von François Hollande unter dem Strich ist. Er verfügt als erster | |
vom Volk gewählter sozialistischer Staatspräsident über eine fast | |
uneingeschränkte Macht. Beide Parlamentskammern haben eine solide linke | |
Mehrheit, alle Regionen (mit der Ausnahme des Elsass) und eine große | |
Mehrheit der Departemente und die meiste Großstädte sind links regiert. | |
Zur Erinnerung: Als 1981 mit François Mitterrand der erste Sozialist in der | |
Fünften Republik zum Staatspräsidenten gewählt wurde, hatte er zwar dank | |
Neuwahlen auch eine Mehrzahl der sozialistischen und kommunistischen | |
Abgeordneten hinter sich. Der Senat aber war immer konservativ - bis vor | |
kurzem. Zweimal während Mitterrands langer Präsidentschaft, von 1986 bis | |
1988 und von 1993 bis 1995, war der Sozialist zur „Kohabitation“ mit einer | |
rechten Nationalversammlung und Regierung gezwungen. | |
Hollande dagegen hat nun freie Hand. Die Ära Sarkozy ist definitiv zu Ende. | |
Auf den rechten „Hyperpräsidenten“ folgt die absolute „Hypermehrheit“ … | |
Sozialisten, der seine tatsächliche Macht mit dem Auftreten als „normaler“ | |
Staatschef überspielen will. | |
Er hat alle institutionellen Hebel erobert - kann aber deshalb bei den | |
folgenden Wahlen auch nur verlieren. So, wie dies seinem Vorgänger Sarkozy | |
passierte, der nach seinem Triumph von 2007 bei allen Wahlen verloren hat. | |
Diese rosarote Vormacht verpflichtet den Präsidenten und seine | |
Regierungspartei in verschiedener Hinsicht. Hollande hat keine Ausrede | |
mehr: Er kann sich in den kommenden fünf Jahren nicht hinter Rücksichten | |
auf Koalitionspartner oder fluktuierende Mehrheiten verstecken, es gibt | |
keinen Grund für ihn, faule Kompromisse einzugehen. Nur gravierende | |
Sachzwänge können ihn legitimerweise noch hindern, seine Wahlversprechen | |
Punkt für Punkt umzusetzen. | |
Das ist der Auftrag, den ihm die Wähler und Wählerinnen mit der absoluten | |
Mehrheit in die Nationalversammlung erteilt haben. Und da Macht meist zu | |
Überheblichkeit verleitet, ist Hollande vorgewarnt. | |
Die Hegemonie der Sozialisten ist eine Herausforderung für die | |
Zusammenarbeit mit den kleineren Verbündeten, namentlich den Grünen, die | |
sich als Hauptpartner bestätigen konnten, und der Linksfront von | |
Kommunisten und Linkspartei, die sich an den Rand gedrängt fühlen. | |
18 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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