Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Doku zum Geschäftsmodell Fußball: Eine Spielfeldrandexistenz
> Jörg Neblung vermittelt Fußballer an Vereine und dieser Film zeigt sein
> Geschäft: „Spielerberater“ ist eine Reise ins Hinterzimmer des deutschen
> Ballsports.
Bild: Spielerberater Jörg Neblung bei der Arbeit.
Horst Heldt muss weg. Ein kurzer Händedruck, zwei unverfängliche Sätze, und
der Manager von Schalke 04 hat den Konferenzraum des Fußballbundesligisten
schon wieder verlassen. „Guten Flug“, ruft Jörg Neblung ihm hinterher.
Auch das ist sein Job: freundlich bleiben, selbst wenn sein Gegenüber ihn
wie einen Staubsaugervertreter abfertigt. Neblung ist „Spielerberater“,
vermittelt Torhüter an Vereine, ihn hat Klaus Stern
(„Versicherungsvertreter“, „Henners Traum“) für seinen gleichnamigen F…
porträtiert.
„Das ist so ziemlich die unromantischste Vertragsverlängerung, die ich so
mitgemacht habe“, sagt Neblung, seit rund 15 Jahren im Geschäft, also an
diesem Maitag zu seinem Klienten Timo Hildebrand, der auch nicht gerade in
Champagnerlaune ist. Hildebrand unterschreibt trotzdem einen
Zwei-Jahres-Vertrag als Edelreservist – zu Konditionen, bei denen nur klar
ist, dass sie besser sein könnten. Beide schlagen sportsmännisch darauf ein
und Neblung sagt: „In diesem Fall war der Weg das Ziel“ – im Klartext: Me…
war beim besten Willen nicht drin.
Man kann sicher sein, dass Neblung alle Register seines
Verhandlungsgeschicks gezogen hat – nicht zuletzt aus Eigeninteresse:
Sieben bis zwölf Prozent der Vertragssumme wandern aufs Konto seiner Kölner
Firma Neblung Sportsnetwork, die sich nach dem Suizid von Robert Enke Ende
2009 verkleinern musste. Enke war der wichtigste Klient Neblungs, ein
Freund auch. Er habe sich nach Roberts Tod die „Sinnfrage“ gestellt, sagt
Neblung, weitergemacht hat er trotzdem – vielleicht auch weil er besser
damit umgehen kann als andere: Rückschläge sind sein tägliches Geschäft.
Eindrucksvoll und mit angemessen melancholischem Grundton erzählt Sterns
Film von den Aufs und Abs im Profisport: So bekommt der frühere
Nationaltorwart Timo Hildebrand, nun Neblungs Topspieler, etwa im Februar
nach fünf Monaten ohne Bundesliga-Einsatz seine Chance im Schalke-Tor, weil
die Nummer eins sich verletzt, bewährt sich – und fällt im März selbst
verletzungsbedingt aus. „Es passiert nichts umsonst“, sagt Hildebrand mit
bandagiertem Arm. „Das war kein Zufall.“ Wer so viel Pech in seiner
Karriere hatte wie Hildebrand, macht wohl zwangsläufig das Schicksal dafür
verantwortlich.
## Das unglamouröse Hinterzimmer des Geschäfts
Es wäre leicht, sich über Hildebrands Naivität lustig zu machen, doch
Stern, selbst Torhüter, nimmt ihn und sein teils selbstverschuldetes
Scheitern ernst, lässt ihn über seinen schwierigen Weg reden. „Aus der
Situation, aus der ich gekommen bin, aus der Arbeitslosigkeit, bin ich
froh, jetzt hier zu sein“, sagt Hildebrand. Einen Stammplatz hat er auf
Schalke nicht, aber ein Zuhause. In der Geschäftsstelle grüßt er
Mitarbeiter mit Namen. Hildebrands „Karriereweg zu korrigieren“, sieht
Neblung als seine Aufgabe.
Stern begleitet seinen Spielerberater bei seinen Handlungsreisen: auf
Trainingsplätze, zu Länderpokalspielen, zu Verhandlungen in türkischen
Fußballhotels und zum Kaffeeklatsch in Münster, wo er ein Nachwuchstalent
auf dem Sofa der Eltern unter Vertrag nimmt – ins unglamouröse Hinterzimmer
des Geschäfts mit der beliebtesten Ballsportart der Deutschen also.
Neblung muss Klinken putzen, charmieren, immer wieder seinen jüngeren
Schützlingen ins Gewissen reden. „Heute ist ja Termin Kopfwäsche“, sagt er
dann und spart nicht an Kritik. Schleimer gibt es im Umfeld junger Talente
genug. Neblung ist eine Vaterfigur. Am liebsten würde er von einer Handvoll
Spieler gut leben, „die kleine, wunderbare Bundesligaboutique“ nennt er
das. Unrealistisch, räumt er gleich ein, Heerscharen von Kollegen wollten
das auch. Jörg Neblung ist zu lange dabei, um ein Träumer zu sein.
„Spielerberater“, 0.15 Uhr, ARD.
19 Jun 2012
## AUTOREN
David Denk
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.