# taz.de -- Kleine Geschichte der BMX-Subkultur: Es war einmal in Amerika | |
> Motocross war groß, vielen Jugendlichen fehlte aber das Geld. Sie bauten | |
> ihre Fahrräder um und messen sich heute weltweit in Stilen wie Vert, | |
> Park, Dirt oder Flatland. | |
Bild: BMX: Stil, Lebensgefühl, Originalität. | |
Der im Amerika der 60er Jahre extrem populäre Motocross-Sport war für | |
Jugendliche einfach viel zu teuer. Sie erfanden die unmotorisierte Version | |
Bike Motocross und eiferten auf hügeligen Brachflächen den Stunts ihrer | |
Vorbilder nach. Daraus entstand die Freestyle-BMX-Szene, die mehr | |
Jugendkultur als eine Sportart war. | |
Erste BMX-Freestyle-Fahrer sollen bereits 1975 in den betonierten | |
Reservoirkanälen um die kalifornische Stadt Escondido gesichtet worden sein | |
- aber auch in trockenen Pools und Skateparks der pazifischen Küste | |
vollführten sie bald ihre vom Motocross inspirierten Stunts. | |
Die bereits Ende der 50er Jahre etablierte Skateboardszene erkannte in den | |
BMX-Freestylern Gleichgesinnte, und schon Mitte der 1970er veröffentlichte | |
das Skateboarder Magazine erste Bilder. | |
Zur formalen Entwicklung des Sports trugen damals besonders die Fahrer Bob | |
Haro und John Swanguen bei: Auf ebener Straße fingen sie an, neue Tricks zu | |
entwickeln, bei denen es mehr um Geschicklichkeit und einen | |
choreografischen Flow als um spektakuläre Stunts ging. Damit konnte sich | |
Freestyle von seinem Vorfahren Race und der verwandten Motocross-Szene | |
endgültig lösen. | |
1979 gründete Bob Haro das erste Freestyle-Team: das „BMX Action Trick | |
Team“, das Performances am Rand von BMX-Veranstaltungen vorführte. | |
## Weltweiter Siegeszug durch E.T. | |
Freestyle-Pionier Bob Haro war es dann auch, der 1981 in Steven Spielbergs | |
Kinderstreifen „E.T.“ die Filmstunts absolvierte - etwa als der Junge | |
Elliot und seine Freunde samt Alien auf Rädern vor dem Militär flüchten. | |
Der Film gilt als Initialfunken für eine erste Generation von BMXern und | |
verhalf der Jugendkultur zu einem weltweiten Siegeszug - zunächst vor allem | |
in westlichen Ländern wie England, Deutschland, Spanien oder Frankreich. | |
1982 wurde die American Freestyle Association (AFA) und damit die erste | |
BMX-Organisation gegründet. Zwei Jahre später landete das erste Magazin auf | |
den Markt, das sich vierteljährlich einzig und allein dem Freestyle-BMX | |
widmete. | |
Das wirtschaftliche Potenzial des Sports blieb nicht lange unbemerkt: | |
Fahrradhersteller machten sich an die technische Weiterentwicklung des | |
Fahrgeräts, und talentierte Fahrer wurden von Sponsoren belagert. Schon | |
bald verfügten die meisten Sportläden in den USA über eine eigene | |
BMX-Abteilung, und die AFA organisierte erste Wettbewerbe. Mittlerweile | |
verliert man dank der unendlichen Vielzahl von weltweiten Contests den | |
Überblick. Zu den international prestigeträchtigsten zählen jedenfalls die | |
amerikanischen X Games, bei denen in insgesamt vier | |
Freestyle-BMX-Disziplinen, Vert, Park, Dirt und Flatland, angetreten wird. | |
Seit 1994 findet auch in Köln jährlich die Weltmeisterschaft BMX Masters | |
statt. Über die Relevanz der jeweiligen Veranstaltungen scheiden sich die | |
Geister, und viele BMX-Talente vermeiden Contest-Events aus Prinzip, denn | |
BMX sei mehr Lebensphilosophie als Sport. | |
## Selbstorganisation statt Reglements | |
Die Disziplin BMX-Race jedenfalls schaffte es bis in die Olympischen Spiele | |
2008. Selbst Freestyle stand zumindest im Gespräch für die diesjährigen | |
Spiele. Daraus wurde nichts - und ein großer Teil der Szene atmete | |
erleichtert auf. Bisher waren die BMXer stets imstande sich selbst zu | |
organisieren - jenseits von Verbänden und offiziellen Reglements. | |
Bei den Wettbewerben jedoch wäre alles normiert, und man fürchtete, dem | |
Freestyle-BMX könnte es ähnlich ergehen wie dem Snowboard, als es olympisch | |
wurde: Der Sport würde in die Hände von Ahnungslosen rutschen, die die | |
Performances nur noch nach Leistung oder nach einem Regelbuch beurteilen | |
und dabei Stil, Lebensgefühl sowie Originalität übersehen. | |
25 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Elise Graton | |
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