# taz.de -- Feminismus in der Occupy-Bewegung: „Die Krise ist immer auch Frau… | |
> Ob in Spanien oder Griechenland: Frauen sind die ersten Verlierer der | |
> Krise. Occupy-Aktivistinnen diskutieren die Schwierigkeit, die | |
> feministischen Bewegungen zu vernetzen. | |
Bild: Zelten ist Frauensache. Occupy-Camp in Frankfurt. | |
Als die spanische Occupy-Aktivistin Beatrix Ranea Trivino im Juni 2011 ein | |
Transparent mit der Aufschrift „Unsere Revolution wird feministisch sein“ | |
in einem Antiregierungscamp in der Stadtmitte Madrids aufhängte, wurde es | |
gleich wieder abgerissen. Bald darauf verließen die Aktivistinnen des | |
feministischen Komitees das Camp, weil sie aufgefordert wurden, zu kochen | |
und zu putzen statt politische Forderungen zu stellen. Dass ihre | |
Arbeitsgruppe für Frauenrechte heute in der spanischen „Bewegung 15. Mai“ | |
weitgehend akzeptiert ist, kostete sie viel Anstrengung. | |
In „Rosas Salon“ - einer Veranstaltungsreihe der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu | |
feministischer Kapitalismuskritik - trafen sich am Donnerstagabend in | |
Berlin vier Aktivistinnen der Occupy-Bewegung aus Spanien, Portugal, | |
Griechenland und Irland. Sie diskutierten über die Möglichkeiten | |
feministischer Einflussnahme in den neuen Protestbewegungen. „Viele denken, | |
die feministische Debatte sei erst im Nachhinein ein Teil der | |
Occupy-Bewegung geworden“, sagte die deutsch-griechische Aktivistin und | |
Herausgeberin des Missy-Magazins Margarita Tsomou. „Dabei war die Krise von | |
Anfang an auch eine Frauenkrise“. | |
In Griechenland zeigt sich diese „Frauenkrise“ etwa darin, dass häusliche | |
Gewalt immer weiter zunimmt, während die Frauenhäuser aus finanziellen | |
Gründen reihenweise dicht machen müssen. Nur eine Hotline sei geblieben, an | |
die sich misshandelte Frauen wenden können. „Eine Krise trifft immer die | |
zuerst, die ohnehin schon in einer prekären Lage sind “, sagte Tsomou. Auch | |
die portugiesische Aktivistin Maria de Lurdes de Pineiro erzählte, dass es | |
in Portugal und Spanien zuerst die Frauen waren, die ihren Job verloren. | |
Viele wüssten gar nicht, dass die Aktionsformen der Occupy-Bewegung von den | |
Frauenbewegungen inspiriert sind, sagte Tsomou. So sei etwa das Zelten | |
schon in den 80er Jahren eine weit verbreitete feministische Protestform | |
gewesen, beispielsweise das Frauenwiderstandscamp gegen den | |
Nato-Doppelbeschluss im Hunsrück. Auch Pineiro erzählte davon, wie in | |
Portugal nach der „Nelkenrevolution“ 1974 mehrere Frauen Land besetzten und | |
einige dafür sogar erschossen wurden. | |
Als erstaunlich und tragisch zugleich bezeichnete es Margarita Tsomou, dass | |
sie seit zwei Jahren erfolglos versuche, die feministischen Bewegungen in | |
verschiedenen europäischen Länder zu vernetzen. Bislang hätten es die | |
Aktivistinnen aber noch nicht geschafft, feste Kommunikationskanäle zu | |
installieren und transnationale Räume zu schaffen, sagt sie. Tsomou, die | |
ständig zwischen Athen und Berlin pendelt, fühlt sich in ihrer Rolle als | |
eine der wenigen Vermittlerinnen überfordert. | |
Die deutsche feministische Bewegung könne sehr viel mehr für die Vernetzung | |
tun, sagte Tsomou. Generell habe die Occupy-Bewegung in Deutschland eine | |
besondere Verantwortung, da es den meisten Menschen ökonomisch deutlich | |
besser gehe als etwa in Griechenland. Am Ende mangele es aber oft nicht nur | |
an finanziellen Ressourcen, sondern auch an zeitlichen Kapazitäten der | |
Beteiligten. | |
Es gehe nicht darum, gemeinsam vor den Banken zu protestieren, sagte die | |
irisch-deutsche Aktivistin Ann Smith, sondern die anderen feministischen | |
Bewegungen wahrzunehmen und ihre Aktionen kennen zu lernen. Der erste | |
Schritt dafür war an diesem Abend getan. Doch obgleich alle vier am Ende | |
ihre Visitenkarten austauschten, scheint es noch ein weiter Weg zu sein, | |
bis sich die Feministinnen aller Länder vereinigen. | |
29 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Kerstin Dembsky | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |