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# taz.de -- Schwule Schützenbrüder: "Das Gaypeople-Zelt soll kein Separee sei…
> Beim hannöverschen Schützenfest gibt es seit zwölf Jahren ein Partyzelt
> von Homos, aber für alle. Die Koexistenz mit den meist eher konservativ
> ausgerichteten Schützen funktioniert
Bild: Noch nicht Wirklichkeit, aber auf einem guten Weg: schwule Schützen bei …
taz: Herr Rädecker, gibt es homosexuelle Schützen, die ins Gaypeople-Zelt
kommen?
Lutz Rädecker: Ja, klar. Am Sonntag kommt der Schützenkönig aus dem
Wendland mit seinem Freund vorbei. Es gibt auch noch andere.
Gibt es eigentlich bisexuelle oder homosexuelle Schützenvereine?
Das gibt es nicht, soweit ich weiß. Es ist wahrscheinlich auch gut so, dass
sie ganz normal in den Vereinen aktiv sind.
Sie haben ja schon einige hier getroffen – erzählen sie von
Diskriminierungen in ihren Vereinen?
Nein, davon habe ich noch nicht gehört. Im Gegenteil, es outen sich jetzt
immer mehr.
Wie kommt’s?
Ich weiß es nicht. Ist mehr so ein Gefühl. Aber es ist doch schön, dass die
sexuelle Neigung in den Hintergrund gerät.
Ist das die Idee, weshalb es das Gaypeople-Zelt seit zwölf Jahren gibt?
Wir wollen lesbisch-schwules Leben in Hannover sichtbar machen. Wir wollen
zeigen, dass es zum normalen Leben dazugehört. Das überträgt sich in den
Alltag. Nächstes Jahr bewirbt sich vielleicht ein Schwuler auf einen
Ausbildungsplatz – und hat eine Chance. Was halt toll ist, ist, dass du
zehn Tage lang einen Anlaufpunkt hast. Mitten im Leben. Hier können alle
sehen, dass man auch schwul feiern gehen kann. Jeder hat eine homosexuelle
Seite. Hier können sich die Leute mal ausprobieren und schauen, ob sie
dazugehören.
Auf einem Schützenfest sind ja viele konservative Leute unterwegs – gibt es
da auch schiefe Blicke?
Manche verdrehen schon die Augen. Gerade von den Älteren kommen auch so
Fragen wie: „Dürfen wir eigentlich hier rein, was sollen wir denn da?“
Antwort: „Feiern vielleicht?!“ Das ist ja das Absurde: Wenn ich in ein
anderes Zelt gehe, stelle ich mir diese Frage ja nicht.
Sie haben also keine schlechten Erfahrungen gemacht?
Die Hannoveraner sind es gewohnt, dass die Schwulen beim Schützenfest auf
dem Platz sind. Das ist in anderen Städten nicht normal. Es gibt
bestenfalls mal einen Gay-Abend in einem der Bierzelte.
Wie steht es insgesamt um die Toleranz und Akzeptanz der Gesellschaft?
Homosexuelle haben nicht die gleichen Rechte. Das sieht man beim
Adoptionsrecht, was für gleichgeschlechtliche Paare immer noch nicht
gleichgeschaltet ist. Und dann sind die Verhältnisse zu den Familien oft
schlecht. Viele sind nach ihrem Outing daheim rausgeworfen worden, oder die
Familie wollte keinen Kontakt mehr. Und wenn einer stirbt, kommt die
Familie, die sich seit 20 Jahren nicht gemeldet hat, und darf über
Beisetzung und Trauerfeier entscheiden – und nicht der Partner. Da sind
noch dicke Bretter zu bohren.
Wollen Sie in Zukunft mit dem Gaypeople-Zelt auch auf Festen in anderen
Städten dabei sein, beim Hamburger Dom zum Beispiel?
Das ist zurzeit nicht geplant. Die Größe des Zeltes ist gut so. Wir haben
eine tolle Gemeinschaft hier, viele Stammgäste. Aus ganz Deutschland.
Manche nehmen extra zehn Tage Urlaub und sind jeden Abend hier.
Wie hat sich das im Laufe der Jahre eigentlich entwickelt?
Der Standort ist besser geworden. Angefangen hat es in so einer Nische
hinter einem großen Fahrgeschäft. Das Zelt war nur über einen schmalen Gang
erreichbar. Aber es war ein echter Partytipp. Bei der Stadtverwaltung und
den Organisatoren vom Schützenfest ist das angekommen. Das Gaypeople-Zelt
wurde massiv aufgewertet. Es liegt seit einigen Jahren zentral, direkt am
Weg. Es soll ja auch kein Separee sein hier.
War es schwer, die Bürokratie davon zu überzeugen?
Na ja, die Stadtverwaltung hat ja auch ein Interesse, dass das hier
passiert. Es hat ja immer noch den Charme des Exotischen. Dass es so ein
Zelt nirgendwo sonst auf der Welt gibt, zeigt ja, dass Hannover eine
weltoffene Stadt ist. Es kommen viele VIPs aus Wirtschaft und Politik.
Oberbürgermeister Stephan Weil zum Beispiel. Da gibt es keine
Berührungsängste, man zeigt sich gerne hier.
29 Jun 2012
## AUTOREN
Alexander Kohn
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