# taz.de -- Spaniens Auftritt bis zum Finale: Dieser Weg sollte kein leichter s… | |
> Die Gegner des großen EM-Favoriten haben dazugelernt: Italien, Kroatien | |
> und Portugal machte den Spaniern zu schaffen. Deren Dominanzfußball | |
> setzte sich aber durch. Vorerst. | |
Bild: Werden auch nicht jünger: Spaniens Torwart Casillas und Spielmacher Xavi… | |
Die Ausgangslage | |
Die einzigen bedeutenden Abweichungen zum [1][Weltmeisterteam von 2010]: | |
bei der spanischen Mannschaft fallen Stürmer David Villa und Kapitän Carles | |
Puyol verletzt aus. Aber sie haben den Ball, das reicht ihnen, schreibt die | |
taz in ihrer [2][Teamvorstellung]. Dafür repäsentiert die spanische | |
Mannschaft ein Land, das in schweren Krise steckt. In der letzten EM-Woche | |
[3][beantragt Spanien Hilfen] aus dem EU-Rettungsfonds. Die spanische | |
Jugend „hasst die Politik und die Politiker“, [4][sagt die | |
Menschenrechtsaktivistin] [5][Natalia Guelfi]. Ihre Altersgenossen in der | |
Nationalmannschaft hingegen würden sich junge Spanier zum Vorbild nehmen: | |
Sie seien ergolgreich, aber „bescheiden und solidarisch“. | |
Als Titelverteidiger und Weltmeister startet Spanien naturgemäß als größter | |
Favorit ins Turnier. Und alle Mannschaften, die Ambitionen auf den Titel | |
haben, wissen, dass sie früher oder später diese Frage beantworten müssen: | |
Wie können wir Spanien schlagen? „Nicht mit Beton, mit Sand“, [6][rät | |
EM-taz-Redakteurin Frauke Böger]. Mittelfeld verschieben, Passwege | |
blockieren – und die wenigen Chancen, die man bekommt, nutzen. | |
Die Vorrunde | |
Bereits im ersten Gruppenspiel in Danzig treffen die späteren Finalisten | |
aufeinander. Die Spanier laufen ohne echten Stürmer und mit Cesc Fàbregas | |
als „falscher Neun“ auf, was viele Zuschauer irrtiert. Einige | |
Fachbeobachter aber sind angetan: „Ich finde die falsche Neun gar nicht so | |
falsch“, [7][sagt Taktikblogger Tobias Escher im taz-Interview]. | |
Das spanische Auftaktspiel wird eines der besten des gesamten Turniers – | |
weil Gegner Italien nicht in klassischer Manier bloß auf | |
Kontergelegenheiten warten, sondern munter mitspielt. „Mit Italien ist zu | |
rechnen“, [8][urteilt Deniz Yücel,] der Teamleiter der taz-EM. Und | |
taz-Sportredakteur [9][Markus Völker empfiehlt] den Spaniern, es mal mit | |
einem echten Stopstürmer zu versuchen, da die endlosen Ballstafetten sonst | |
wirkungslos zu verlaufen drohten. | |
Als nächstes spielen die Spanier gegen die Iren, für die [10][EM-taz-Autor | |
Stefan Mahlke nichts als Mitleid übrig] hat. Nur taz-Irland-Korrespondent | |
[11][Ralf Sotscheck spricht von einem] „glücklichen Sieg“. | |
Vor dem letzten Gruppenspiel der Spanier gegen Kroatien gibt es eine | |
interessante Konstellation: Endet das Spiel mit einem Unentschieden von 2:2 | |
oder höher, ist Italien unabhängig vom Ergebnis des Spiels gegen Irland | |
ausgeschieden. Im skandalerprobten [12][Italien spekuliert man über | |
mögliche Absprachen], was die Spanier wie auch die Kroaten empört | |
zurückweisen. | |
Die Spieler halten Wort. Dennoch bleibt von diesem Spiel eine unschöne | |
Erinnerung: Der deutsche Schiedsrichter Wolfgang Stark verwehrt Kroatien | |
einen klaren Foulelfmeter – ebenso wie der spanische Schiedsrichter Carlos | |
Velasco am Tag zuvor, der strafstoßwürdiges Foul der Deutschen gegen | |
Dänemark nicht ahndete. Dies bietet Anlass für Verschwörungstheorien, | |
[13][meint EM-taz-Redakteur Johannes Kopp] und kritisiert die Uefa, dem | |
nicht vorgebeugt zu haben. | |
Das [14][Spiel selbst] ist ausgeglichen; dank ihrer aggressiven Spielweise | |
verhindern die Kroaten, dass die Spanier ihr Passspiel entwickeln können. | |
Spanien gewinnt durch ein spätes Tor von Jesus Navas in der 88. Minute. | |
Dennoch [15][hält Markus Völker] die Spanier weiterhin für den größten | |
Favoriten: „Weil sie jederzeit Chancen kreieren können.“ Und [16][Frauke | |
Böger hält fest]: „Am Ende haben sie bewiesen, dass auch die Spanier | |
manchmal Glück brauchen.“ | |
Das Viertelfinale | |
Das Viertelfinale gegen eine erschreckend schwache französische Mannschaft | |
[17][endet mit 2:0] – allerdings mit eher untypischen Toren: Xabi Alonso | |
köpft in seinem 100. Länderspiel das Führungstor und verwandelt in der | |
Nachspielzeit einen Foulelfmeter. Außerhalb Spaniens wird plötzlich Kritik | |
am spanischen Ballbesitzfußball auf. Frauke Böger [18][hält dem entgegen]: | |
„Es war ein langsames Spiel, aber nicht langweilig.“ Laut Uefa-Statistik | |
ist es das Spiel mit den meisten Pässen, aber den wenigsten Torschüssen. | |
Das Halbfinale | |
Die Portugiesen schaffen [19][die beste fußballerische Leistung], die | |
irgendein Team in den vergangenen sechs Jahren in einem wichtigen Spiel | |
gegen Spanien gezeigt hat. Aber sie arbeiten sich zu wenig Torchancen | |
heraus und in der Nachspielzeit erlangen die Spanier gegen erschöpfte | |
Portugiesen die Dominanz. Es bleibt beim 0:0, Spanien gewinnt schließlich | |
dank Torwart Iker Casillas das Elfmeterschießen mit 4:2 und überlassen | |
Portugal [20][wieder einmal dem Fado]. | |
Zwei Spanier sind beim Elfmeterschießen nicht mehr auf dem Platz: Der | |
hochgewachsene Stürmer Alvaro Negredo. Mit ihm hatte der Trainer Vicente | |
del Bosque nach der „falschen Neun“ mit Fàbregas und Stürmer Fernando | |
Torres eine dritte Variante ausprobiert. Eine gute Idee, aber Negrado war | |
schlicht überfordert, [21][urteilt taz-Sportredakteur Andreas Rüttenauer]. | |
Nicht mehr auf dem Platz ist auch Xavi Hernandez. Der Regiesseur ist völlig | |
von der Rolle und wird kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit | |
ausgewechselt – symptomatisch dafür, dass es bei den Spaniern bei dieser EM | |
nicht so glatt läuft wie in den letzten beiden Turnieren. | |
Vorm Finale | |
Langweilig hin oder her: Auch im Endspiel [22][setzen die Spanier natürlich | |
auf ihren Ballbesitzfußball] und wollen das Spiel gestalten, nicht | |
reagieren, und das mit drei Stürmern – also nicht den Fehler begehen, den | |
Deutschland machte. Spaniens Trainer Vicente del Bosque bezeichneten Mario | |
Balotelli dennoch als „gefährlich“. | |
Das Fazit | |
Spanien scheint die internationalen Sympathien verloren zu haben. Sei es, | |
weil das Publikum ihre Spielweise satt satt oder aus Gründen der | |
Abwechslung einen anderen Totelträger will. Beim [23][Halbfinale in Donezk | |
sind] die Pfiffe gegen den Welt- und Europameister nicht mehr zu überhören. | |
Aber es gibt sie noch, die Liebhaber. So [24][schreibt Deniz Yücel] über | |
die Spanier:„Ihre historische Tat besteht darin, dass sie den Fußball von | |
dessen hässlichen, brutalen und gewöhnlichen Ursprüngen befreit und zu | |
einer kollektiven Kunstform verwandelt haben.“ | |
Und [25][hier] Italiens Weg ins Finale. | |
1 Jul 2012 | |
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## AUTOREN | |
Deniz Yücel | |
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