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# taz.de -- Wiens antisemitische Altlasten: Wenigstens die Straße ist weg
> Wien tut sich schwer, Karl Lueger aus dem Stadtbild verschwinden zu
> lassen. Nach dem antisemitischen Bürgermeister aus der Gründerzeit sind
> immer noch Prachtstraßen benannt.
Bild: Probeweise wird hier schon einmal der neue Straßenname gezeigt.
WIEN taz | Dr. Karl-Lueger-Ring heißt seit dem Zweiten Weltkrieg der
Abschnitt der Wiener Prachtstraße, der vor der Universität liegt. Das wird
sich im Herbst ändern. So hat es die rot-grüne Rathauskoalition
beschlossen.
Denn Lueger (sprich: Lu-e-ger), der vor etwas mehr als 100 Jahren die
Hauptstadt der Habsburgermonarchie als Bürgermeister regierte, war nicht
nur ein populärer Modernisierer, der eine Wasserleitung aus den Voralpen
bauen ließ und mittels elektrischer Straßenbahn den Verkehr beschleunigte.
Der Christlichsoziale machte sich auch mit seiner antisemitischen Politik
einen Namen. Adolf Hitler, der in Wien zu der Überzeugung gelangte, dass
die Juden die Wurzel allen Übels seien, sah in ihm einen Wegbereiter des
Nationalsozialismus.
Deswegen traten in letzter Zeit immer mehr Intellektuelle und Politiker
dafür ein, die Straße umzubenennen. Seit die Grünen in Wien mitregieren,
wurde der Druck stärker. Bald wird der knapp hundert Meter lange
Straßenabschnitt deshalb Universitätsring heißen.
Frauenorganisationen hatten sich dafür eingesetzt, das Boulevardteilstück
nach der Friedensnobelpreisträgerin (1905) Bertha von Suttner zu benennen.
Die Künstlerin Marianne Maderna sagte zur Begründung: „Sie ist ein
wunderbares Pendant zu Lueger. Der Frieden war für sie etwas ganz Normales,
der selbstverständliche Zustand.“
Grünen-Gemeinderätin Martina Wurzer sprach von einer „absolut verpassten
Chance“. Die Grünen Frauen fordern seit Jahren, dass bei Um- und
Neubenennungen von Straßen Frauen zum Zug kommen. Denn nur acht Prozent der
personenbezogenen Straßen, Gassen und Plätze erinnern an Frauen.
Mit einem Vorstoß, so lange nur Frauennamen zu vergeben, bis die Parität
hergestellt sei, bissen sie beim Koalitionspartner SPÖ auf Granit. Dann
könne jahrzehntelang kein Mann mehr gewürdigt werden, so das Argument.
Immerhin einen Erfolg konnten die Feministinnen verbuchen: Im Mai wurde die
vor zwei Jahren verstorbene erste Frauenministerin Johanna Dohnal, SPÖ, mit
einem eigenen Platz geehrt.
Karl Lueger, der antisemitische Gründerzeitbürgermeister, ist indes nicht
zur Gänze aus dem Stadtbild getilgt. Ihm bleiben in der Innenstadt immer
noch ein Platz und ein Denkmal.
1 Jul 2012
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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