# taz.de -- WOHNUNGSNOT: Versprechen und Versprecher | |
> Der Bausenator will den sozialen Wohnungsbau höher fördern, das | |
> Sozialressort will Bauunternehmen verpflichten, auch günstige Wohnungen | |
> zu bauen. | |
Bild: Bausenator Joachim Lohse, befragt von Michael Schmidt vom "Aktionsbündni… | |
Streetworker Jonas Pot d’Or hilft seit 15 Jahren Obdachlosen: „Noch vor | |
fünf Jahren brauchte ich nur zu sagen, wir gehen jetzt zur Wohnungshilfe, | |
dann kriegst Du eine Belegwohnung. Heute weiß ich mir nicht mehr zu helfen, | |
weil es keine Wohnungen mehr gibt.“ Die Wartezeiten lägen mittlerweile bei | |
zwei Jahren. | |
Er war nicht der einzige, der Bausenator Joachim Lohse (Die Grünen) und | |
Karl Bronke, Abteilungsleiter des Sozialressorts, auf der ersten | |
öffentlichen Diskussionsrunde des neuen „Aktionsbündnis Menschenrecht auf | |
Wohnen“ mit den Nöten Wohnungssuchender konfrontierte. Vertreter von | |
Kirchen, Mieterbund, Hochschulen und Wohnungslosenhilfe beklagen, dass es | |
vor allem an günstigem Wohnraum mangele, während in der Überseestadt, auf | |
dem Stadtwerder oder in Habenhausen teure Neubauten entstünden. | |
„Die Bremer Mieten“, konterte Lohse, „sind im Vergleich zu Hamburg oder | |
Freiburg doch moderat.“ Gerade die Gewoba böte günstige Wohnungen an. Der | |
Durchschnittspreis der „moderaten Mieten“ setzt sich laut | |
Aktionsbündnis-Gründer Michael Schmidt von der Bremischen Evangelischen | |
Kirche bei der Gewoba aus teuren sanierten oder neuen Wohnungen und | |
kleinen, oftmals maroden Unterkünften mit horrenden Nebenkosten zusammen: | |
„Bei einer günstigen Wohnung hat man die Wahl zwischen Essen oder Heizen.“ | |
Sobald Wohnungen saniert würden, lägen ihre Mieten weit über dem | |
ALG-II-Regelsatz für Wohnungen. Das bestätigte Karl Bronke: „Natürlich | |
unterstützen wir das Klimaziel Bremens, und dafür müssen Wohnungen | |
energetisch saniert werden, aber die daraus folgenden Mieterhöhungen sind | |
oft teurer als die Nebenkosteneinsparungen.“ | |
14.000 Wohnungen fehlen laut Aktionsbündnis bis zum Jahr 2020, und diese | |
Zahl bestätigt der Bausenator. Noch vor der Sommerpause will er einen | |
Senatsbeschluss erreichen, nach dem die Förderung für den sozialen | |
Wohnungsbau von 4,5 auf 6 Millionen Euro erhöht werden soll. Laut Bronke | |
wird sich sein Sozialressort dafür einsetzen, dass Wohnungsbauunternehmen | |
mehr Wohnungen im unteren Mietbereich bauen müssen. | |
Laut Pot d’Or werden Menschen in Bremen nicht nur aufgrund fehlender | |
Unterkünfte oder zu teurer Mieten wohnungslos, sondern auch, weil das | |
Jobcenter ALG-II-Empfängern aufgrund „mangelnder Mitwirkung“ sogar die | |
Miete streichen würde: „Erst werden 30 Prozent vom Regelsatz gekürzt, dann | |
60 Prozent vom gesamten Bedarf, und zum Schluss alles.“ Bronke meinte dazu, | |
das Sozialressort habe das Jobcenter angewiesen, die Unterkunftskosten | |
nicht zu streichen. Pot d’Or verlässt sich auf seine Worte: „Bislang musste | |
ich in diesen Fällen Klage vorm Sozialgericht einreichen. Jetzt kann ich | |
mich direkt auf Karl Bronke berufen – das freut mich.“ | |
Der Sprecher des Sozialressorts, Bernd Schneider, erklärte, eine Anweisung | |
des Ressorts sei nicht ergangen, aber es gebe eine „einvernehmliche | |
Absprache, dass es nicht zu Mietkürzungen oder -streichungen kommen soll“. | |
Laut Paragraph 31 des Sozialgesetzbuchs sei das Jobcenter leider zu solchen | |
Sanktionen berechtigt. Das Bremer Jobcenter hat sich bis Redaktionsschluss | |
nicht zu dem Thema geäußert. | |
5 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |