| # taz.de -- Neue Studie über Stadtgemüse: Aufruhr im Gemüsebeet | |
| > Obst- und Gemüseanbau in der Stadt bringt Spaß und schont die Umwelt. | |
| > Starker Verkehr erhöht jedoch den Schadstoffanteil der Produkte, so | |
| > Forscher der TU. | |
| Bild: Nicht zu nah der Straße anbauen. | |
| Ob Friedrichshain, Wedding oder Kreuzberg: In vielen Bezirken sprießen | |
| derzeit Beete aus dem Boden. Stadtmenschen kommen durch | |
| Urban-Gardening-Projekte nicht nur an die Luft, sondern erzeugen ihre | |
| Nahrung durch den Anbau von Obst und Gemüse auch selbst und vermeiden so | |
| lange Transportwege. Doch was gut für die Umwelt ist, ist nicht automatisch | |
| auch gesund: Nach einer aktuellen Studie der Technischen Universität (TU) | |
| Berlin können Obst und Gemüse, die in der Nähe von hohem Verkehrsaufkommen | |
| gepflanzt wurden, erheblich stärker mit Schadstoffen wie Schwermetallen | |
| belastet sein als viele Vergleichsproben aus dem Supermarkt. | |
| „Gorgonzola-Risotto mit Spinat und Zucchini“ steht am Donnerstag etwa auf | |
| dem Speiseplan der Kreuzberger Prinzessinnengärten. „Der Zucchini ist noch | |
| nicht so weit, aber der Spinat ist von hier“, sagt die junge Frau am | |
| Infotresen. Die 6.000 Quadratmeter große Fläche der Gärten ist ein kleines | |
| Idyll, überall sprießt Grün. Doch nur wenige Meter entfernt drehen Autos, | |
| Busse und Lkws am Moritzplatz ihre Runden. „Wir haben mindestens acht Meter | |
| Abstand zur Straße“, sagt Geschäftsführer Robert Shaw. Zudem ist der Garten | |
| von einer Hecke aus aufgeschichtetem Holz umgeben. Beide Maßnahmen sollen | |
| die Gemüse- und Obstbeete vor Schwermetallen schützen, die in den Abgasen | |
| enthalten sind. | |
| Für die Studie der TU untersuchten Studierende 24 unterschiedliche | |
| Anbauorte im Berliner Stadtgebiet – gleichgültig, ob Hinterhofbeete oder | |
| Kleingärten. Man habe „überraschend deutliche Ergebnisse“ erzielt, sagt I… | |
| Säumel, die die Untersuchungen leitete. Zu den im Obst und Gemüse | |
| gemessenen Schwermetallen gehören unter anderem Blei, Zink, Kupfer und | |
| Chrom. Beim Bleianteil überstieg mehr als die Hälfte der Messproben die | |
| Grenzwerte der EU. Je weiter die Proben von Orten mit hohem | |
| Verkehrsaufkommen entfernt waren, desto geringer war der Anteil von | |
| Schwermetallen. Auch Gebäude oder dichte Vegetationsbestände senkten den | |
| Schadstoffanteil in den angebauten Produkten. | |
| Die zwölf untersuchten Obst- und Gemüsesorten – darunter Karotten, Tomaten | |
| und Kartoffeln – wiesen aufgrund der unterschiedlich nah am Verkehr | |
| gelegenen Anbaustandorte allerdings unterschiedliche Belastungsergebnisse | |
| auf – so dass die Wissenschaftler keine grundsätzliche Aussage darüber | |
| treffen wollten, welche Gemüsearten sich besonders gut für Urban Gardening | |
| eignen. | |
| Klar ist jedoch: Entscheidend für die Schadstoffwerte ist nicht die | |
| Kontamination des Bodens, sondern die der Luft. Die Schadstoffbelastung | |
| senken könne etwa Rindenmulch, der auf dem Boden verteilt werde und damit | |
| die Luft filtere. Säumel fordert zudem die Reduzierung des Verkehrs in | |
| Großstädten und mehr Vegetation am Straßenrand. | |
| Trotz der erhöhten Schadstoffwerte warnen die TU-Forscher vor Panikmache | |
| beim Urban Gardening: So sei aus der Sicht von britischen Forschern die | |
| Bewegung an der frischen Luft und die gemeinschaftliche Naturerfahrung als | |
| sehr positiv zu bewerten, so Ina Säumel. | |
| Auch die Prinzessinnengärten folgen den Empfehlungen der Wissenschaft: Der | |
| Mindestabstand der Beete zur Straße etwa sei auf die Vorschläge eines | |
| Studenten hin entstanden, der hier einmal Schadstoffe gemessen habe. Für | |
| regelmäßige Messungen, so Shaw, gebe es jedoch kein Budget. | |
| 5 Jul 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Kulms | |
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