| # taz.de -- Drogen-Liberalisierung: Sauberer Konsum | |
| > Schleswig-Holsteins Regierung will "Drug-Checking" ausprobieren und | |
| > erntet dafür heftige Kritik. Hinter dem Streit stecken zwei | |
| > unversöhnliche Ideologien. | |
| Bild: Gestreckt oder nicht, das ist die Frage: In Schleswig-Holstein gibts viel… | |
| „Wir wollen zielgruppenorientierte, sekundärpräventive Maßnahmen wie das | |
| Drug-Checking erproben“, heißt es im Koalitionsvertrag der rot-grün-blauen | |
| Regierung in Schleswig-Holstein. Die Idee ist, dass beispielsweise ein | |
| Wohlfahrtsverband ein Labor einrichtet, in dem dann illegale Substanzen | |
| darauf untersucht werden, ob sie mit Bleistaub, Haarspray, Glas, | |
| Kunststoff, Kleber oder anderen toxischen Substanzen versetzt sind. Dieser | |
| Qualitätstest für Amphetamine, Kokain, Heroin, LSD und Cannabisprodukte | |
| sorgte Anfang der Woche für Aufregung. | |
| Die Bild ließ Schleswig-Holsteins CDU-Vizevorsitzenden Rasmus Vöge sagen: | |
| „Die neue Regierung ist offenbar selbst zugedröhnt!“ Und im Hamburger | |
| Abendblatt wurde die CDU-Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann mit dem Satz | |
| zitiert: „Eltern kann angesichts der angeblich fortschrittlichen | |
| drogenpolitischen Pläne der Dänen-Ampel nur angst und bange werden.“ Die | |
| gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn, | |
| nannte es „eine Kapitulation jeglicher Präventionspolitik“, wenn staatliche | |
| Stellen Drogen auf Reinheit testen und so Legalität suggerierten. | |
| „Ich bin erstaunt von den Wellen, die das schlägt“, sagte auch Marret Bohn, | |
| gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Man denke etwa an ein | |
| wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt, wie es sie in Wien, Zürich, | |
| Bern und Utrecht bereits seit Jahren gibt. Drug-Checking wird dort entweder | |
| in stationären Laboratorien angeboten oder auch als sogenanntes | |
| Onsite-Testing, also einem mobilen Verfahren, bei dem direkt auf einer | |
| Party Konsumenten angesprochen werden und ein Schnelltest der Drogen | |
| durchgeführt wird. | |
| Auch in Deutschland gab es zaghafte Versuche. 1996 wollte der Berliner | |
| Verein Eve & Rave Drug-Checking einführen, wurde aber von der Berliner | |
| Staatsanwaltschaft gestoppt. Und in den 90ern gab es in Niedersachsen ein | |
| Pilotprojekt, das aber auslief. Das Problem sei heute, dass sich die Drogen | |
| immer veränderten, sagte Rita Salg vom Landeskriminalamt Hannover bei einer | |
| Anhörung im Bundestag im September 2011. Es gebe immer neue Beimischungen | |
| und man könne nur finden, was man auch suche. Auch durch das Drug-Checking | |
| könne also nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass nicht doch noch | |
| Toxisches in den Drogen enthalten sei. | |
| In dieser Debatte stehen sich – wie immer beim Thema Drogenpolitik – | |
| grundsätzlich zwei Positionen gegenüber. Die eine Fraktion befürchtet, eine | |
| staatliche Qualitätskontrolle von illegalen Drogen würde suggerieren, es | |
| sei ungefährlich, Drogen zu nehmen, wenn sie denn nur nicht gestreckt | |
| seien. Es werde also eine Pseudosicherheit geschaffen, die eher zum Konsum | |
| verleite, statt abzuschrecken. Die andere Fraktion folgt dem Ansatz der | |
| „Harm Reduction“, der darauf abzielt, die Schäden des Drogenkonsums für | |
| diejenigen zu reduzieren, die nicht in der Lage oder nicht willens sind, | |
| auf illegale Substanzen zu verzichten. Drug-Checking biete die Chance, | |
| Kontakt zu den Konsumenten aufzubauen und sie so für Gefahren zu | |
| sensibilisieren. Außerdem könnte so schneller ans Licht kommen, wenn ein | |
| Dealer unsaubere Substanzen verkaufe. | |
| 6 Jul 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Ilka Kreutzträger | |
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