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# taz.de -- Prozess gegen Ex-Landwirtschaftsminister Funke: Mit der Mimik eines…
> Karl-Heinz Funke, einst Landwirtschaftsminister, galt lange als der Pate
> von Varel, nun steht er wegen Untreue vor Gericht. Grund ist seine
> gesponsorte Silberhochzeitsfeier
Bild: Wollte sich im Prozess nicht äußern: Karl-Heinz Funke (links), hier mit…
OLDENBURG taz | Dieser Prozess hat alles, was Gerichtsreporter so lieben:
Es geht um Korruption, und einer der beiden Angeklagten ist ein Promi.
Karl-Heinz Funke, der Pate von Varel, seinem friesischen Heimatort, über
zehn Jahre Landwirtschaftsminister in Niedersachsen und im Bund, eine
rhetorische Walze, deftig, selbstbewusst bis zur Deichkante, immer gut für
einen Spruch, gerne auch unter der Gürtellinie. Entsprechend voll war es am
Mittwochmorgen zum Prozessauftakt im großen Saal des Landgerichts
Oldenburg.
Als Vorsteher des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes (OOWV) soll
Funke genau das getan haben, was immer mal wieder vermutet wird, wenn von
dem Bundesminister a. D. die Rede ist: Vorschriften, Satzungen und Gesetze
eher lässig interpretieren und dann und wann auch mal den persönlichen
Vorteil zur Maxime des eigenen Handelns machen. Man muss nur mal durch
Varel oder den Vorort Dangast laufen, wo die Funkes einen Campingplatz
betreiben, der im Landschaftsschutzgebiet genehmigt wurde, als Funke
Bürgermeister war: Man wird dann noch so einige Geschichten hören, die
nicht alle wahr sein müssen, die aber ein zweifelhaftes Bild des heute
66-Jährigen zeichnen. Sie trauen ihm dort einiges zu, nicht wenige
bewundern ihn auch dafür.
Bei der letzten Kommunalwahl wurde Funke, mit seiner Bürgerbewegung Zukunft
Varel mit 15 Prozent wieder in den Stadtrat gewählt. Er war nach
45-jähriger Parteimitgliedschaft aus der SPD ausgetreten. Zuvor war ihm mit
einem Parteiausschlussverfahren gedroht worden.
Funke ist wegen des Vorwurfs der Untreue angeklagt, genauso wie der
langjährige Geschäftsführer des Wasserverbandes, Hans-Peter Blohm. Es geht
– der Hauptvorwurf – um Funkes Silberhochzeitsfeier, die er sich im Jahr
2007 mit 8.000 Euro vom Wasserverband habe bezahlen lassen sollen. Und um
ein durch Funke eigenmächtig erhöhtes Gehalt des Geschäftsführers von
117.000 Euro netto auf 270.000 brutto und Sonderzahlungen an
Verbandsmitarbeiter in Höhe von knapp 1,3 Millionen Euro, die Blohm ohne
Beschluss der Verbandsgremien verteilte. Der Verband fordert rund 1,4
Millionen Euro zurück.
Funke verfolgte die Verhandlung mit der Mimik eines gealterten Reptils, das
nur die nötigsten Bewegungen macht, Blohm schwieg. Die Anwälte stritten für
ihre Mandanten die Vorwürfe ab. Blohm habe als Geschäftsführer keine
Vermögensbetreuungspflicht gehabt, die aber ist Voraussetzung für Untreue.
OOWV-Anwalt Reinhold Schlothauer wunderte diese Darstellung jedoch sehr:
„Das wäre Neuland. Der Geschäftsführer hat die Interessen des Verbandes zu
wahren, so steht es in der OOWV-Satzung.“ Aus Funkes Sicht entsprach die
Gehaltserhöhung einem Vorstandbeschluss.
Und die Silberhochzeit? Blohm will noch während der Sause im Dangaster
Kurhaus Deichhörn Funke vorgeschlagen haben, der Wasserverband könne die
Rechnung begleichen. Es gebe einen mündlichen Vorstandsbeschluss, der es
dem Verband erlaube, die Kosten solcher Feiern verdienter Mitarbeiter zu
begleichen.
Funke selbst will erst später von Blohms Idee erfahren haben – als keine
Rechnung kam und seine Frau Petra im Alten Zollhaus anrief, von wo das
kalt-warme Buffet kam. Nein, hieß es dort, die sei doch längst beglichen.
Funke rechtfertigte die Kostenübernahme – gegen die er ja nichts
einzuwenden hatte – so: Er habe zur Feier per Zeitungsannonce eingeladen,
es seien viele Leute gekommen, die er gar nicht kannte – insofern sei das
Fest eine riesige PR-Aktion für den Verband gewesen, für den er stand.
Dass er und Blohm im Nachgang dafür gesorgt haben, die Rechnung
aufzusplitten und als Bewirtung von Anwohnern nach Baumaßnahmen des OOWV zu
deklarieren, wertet Funkes Anwalt als moralischen Fehler, der aber
strafrechtlich nicht relevant sei.
Am Freitag wird der Prozess fortgesetzt.
11 Jul 2012
## AUTOREN
Felix Zimmermann
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