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# taz.de -- Monika Heinold über politische Schwerpunkte: "Ich bin keine Oberle…
> Die neue Kieler Finanzministerin will lieber in Bildung und Klimaschutz
> investieren als in Schleswig-Holsteins Straßennetz.
Bild: Sparen ist Trumpf: Monika Heinold.
taz: Frau Heinold, auf einer Skala von eins bis zehn: Wie hoch ist der
Gockel-Faktor im neuen Kabinett?
Monika Heinold: Fünf.
Wer gockelt am meisten?
Wir haben ein nettes Team, relativ uneitel, viel Engagement in der Sache
und den Ehrgeiz, miteinander dieses Land zu gestalten. Die ersten
Kabinettssitzungen waren launig, arbeitsintensiv und spannend.
Die Opposition nennt die Koalition aus SPD, Grünen und SSW „Dänenampel“,
Sie wollen „Küstenampel“ durchdrücken – schaffen Sie das?
Meine Prognose ist, dass auch nach fünf Jahren noch unterschiedliche Namen
benutzt werden. Das macht aber nichts. Entscheidend ist, dass diese erste
Regierung mit Minderheitsbeteiligung tragfähige Konzepte für das ganze Land
entwickelt.
Als Finanzministerin haben Sie die blödeste Rolle im Kabinett. Werden Sie
die strenge Lehrerin geben, bei der die Minister-Kollegen mit ihren
Etat-Entwürfen antanzen müssen?
Ich gehe davon aus, dass alle Kabinettskollegen großes Interesse daran
haben, die Schuldenbremse einzuhalten. Das ist mit dem Bund vereinbart und
wird auch geschehen. Ich verstehe mich nicht als Oberlehrerin, sondern das
Finanzministerium als Dienstleister.
Wie wollen Sie bis 2020 die Neuverschuldung stoppen?
Wir haben die Finanzplanung aus dem Jahr 2011, die die Budgets beschreibt,
für Personal und für Sachkosten. Innerhalb dessen werden wir mit den
einzelnen Ministerien das Geld verteilen.
Sie folgen also dem Plan Ihres CDU-Amtsvorgängers Rainer Wiegard?
Das ist nicht der Plan von Herrn Wiegard, sondern ein Plan, der mit dem
Stabilitätsrat der Länder verabredet wurde. Das Parlament hat in der
Landesverfassung festgeschrieben, dem zu folgen. Schon als Parlamentarierin
habe ich damals den Rahmen mit vorgegeben. Es wäre absurd, wenn ich als
Ministerin sagen würde: Ich erkenne den Plan nicht an.
„Pay as you go“, sagte einst US-Präsident Bill Clinton: keine Ausgabe ohne
Gegenfinanzierung. Haben Sie eine Formel, mit der Sie die Wünsche Ihrer
Kollegen kontern wollen?
Es geht nicht um Wünsche, sondern in der Regel um berechtigte Interessen.
Wir wollen Schwerpunkte setzen bei Bildung und Klimaschutz. Und wenn wir
Schwerpunkte setzen, stehen alle in der Pflicht, diese umzusetzen. Im
Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verständigt, bereits 2013 zirka 45
Millionen Euro umzuschichten, überwiegend für Krippenausbau und Lehrkräfte.
Im Gegenzug erhöhen wir den Erdölförderzins, sparen im Straßenbau und
machen das kommunale Haushaltskonsolidierungsgesetz rückgängig.
Straßenneubau oder -instandhaltung?
Sowohl als auch.
Sie sparen, indem Sie die Infrastruktur verfallen lassen?
Schwerpunkte setzen heißt, dass nicht mehr alles geht. Die Summe für den
Landesstraßenbau ist von CDU und FDP vor wenigen Monaten in der
mittelfristigen Finanzplanung erhöht worden. Und dieses machen wir zu
Gunsten der Bildung rückgängig.
Sie stellen für 2013 einen Einzelhaushalt auf. Trauen Sie sich den
Doppelhaushalt nicht zu?
Ich bin eine Anhängerin von Doppelhaushalten. Wir wollen mit einem
Einzelhaushalt starten, um die konjunkturellen Schwankungen abzufedern.
Wenn sich die Finanzsituation in Europa beruhigt, hoffe ich, dass wir
wieder zu Doppelhaushalten kommen.
Angesicht der jetzigen Einnahmen sagte Ihr Vorgänger Wiegard, eigentlich
könnte es schon 2016 ohne Neuverschuldung gehen.
Es gibt einen Unterschied zwischen einer „Netto-Neuverschuldung null“ und
einem strukturell ausgeglichenen Haushalt. Wir hatten 2011 noch eine Lücke
von 950 Millionen Euro. Nur weil wir gerade ganz gute Steuereinnahmen
haben, können wir nicht so tun, als sei 2016 das Problem schon gelöst.
Müssten Sie nicht wenigstens die Neuverschuldung schneller herunterfahren?
Nach der Vereinbarung mit dem Stabilitätsrat dürfen wir konjunkturelle
Effekte nicht überbewerten. Das ist richtig so, weil in der Vergangenheit
viel zu oft bei kurzfristig hohen Steuereinnahmen strukturelle Mehrausgaben
beschlossen wurden. Es geht aber darum, die Struktur von Einnahmen und
Ausgaben anzugleichen. Die neue Landesregierung schätzt den Weg als sehr
viel steiniger ein als die alte, vor allem, weil die geplanten Kürzungen im
Bildungsbereich falsch waren. Wir glauben, dass man auf Dauer eine
geänderte Steuergesetzgebung für mehr Einnahmen braucht.
Wie viel Geld schenkt der Bund Schleswig-Holstein über den Fiskalpakt?
Noch ist unsicher, wie viel real beim Land ankommt. Es gibt eine Entlastung
von 2,5 Millionen Euro beim Krippenausbau. Da gibt es aber auch in der
Struktur ein Defizit von 80 Millionen. Ob und wie viel es aus der
Eingliederungshilfe gibt, ist völlig unklar.
Ihre Vorgänger haben Einnahmen aus dem landeseigenen Glücksspielgesetz
eingeplant. Ihre Koalition will das Gesetz abschaffen.
Im Haushalt stehen diese Einnahmen glücklicherweise noch nicht, aber dem
Stabilitätsrat wurden sie als Konsolidierungsbeitrag angekündigt. Mit der
Änderung des Sportwetten- und Lotteriegesetzes auf Bundesebene und der
Rücknahme des Landesglücksspielgesetzes gehört diese geplante
Sondereinnahme jetzt der Vergangenheit an.
In den vergangenen Jahren haben Schleswig-Holstein und Hamburg verstärkt
zusammengearbeitet – nicht zuletzt, um Kosten zu sparen. Werden Sie das
auch mit dem SSW als Koalitionspartner fortsetzen?
Ich sehe gute Chancen, weil wir uns einig sind, möglichst wenig für
Verwaltung auszugeben. Grundlage für die weitere Zusammenarbeit mit Hamburg
ist, dass die Menschen im Norden Schleswig-Holsteins wissen, dass es nicht
darum geht, einen Landesteil abzuhängen.
13 Jul 2012
## AUTOREN
E. Geisslinger
G. Knödler
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