# taz.de -- Gesundheit: Gestörte Kommunikation | |
> Die Nachfrage nach unabhängiger Patientenberatung wächst, und immer noch | |
> sind es vor allem Frauen, die Hilfe suchen. Ganz autonom ist die Beratung | |
> jedoch nicht | |
Bild: Machen zwar den Mund auf, reden aber zu wenig mit ihren Patienten: Dentis… | |
BREMEN | taz Können Sie einen guten Neurologen empfehlen? Nein, das können | |
sie auch bei der [1][Unabhängigen Patientenberatung Bremen (UPB)] nicht. | |
„Dieser Bitte kann nicht erfolgreich entsprochen werden“ heißt es dazu in | |
dem jetzt vorgestellten Tätigkeitsbericht der UPB für 2011. Denn objektive | |
Daten dazu gebe es nicht, subjektive Einschätzungen aber wolle sie nicht | |
abgeben, und zu Arztbewertungsportalen im Internet sagt sie gar nichts. | |
Außerdem wird die Beratungsstelle der UPB nicht nur vom Bremer Senat, | |
sondern auch von der Ärztekammer, der Krankenhausgesellschaft und den | |
Krankenkassen getragen, da kann man sich auch nicht so weit aus dem Fenster | |
lehnen. | |
Eher schon können sie bei der UPB eine passende Klinik empfehlen, wenn man, | |
sagen wir mal, ein neues Hüftgelenk braucht. Da gibt es zumindest den | |
[2][Bremer Krankenhausspiegel], allerdings mit Zahlen von 2009, und die | |
„[3][Weisse Liste]“ von der Bertelsmann-Stiftung. Der Bedarf an der Arbeit | |
der UPB hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen: 5.808 Beratungen | |
waren es im vergangenen Jahr – das sind 440 mehr als 2010, und über 300 | |
mehr als 2009. Allerdings wächst das Interesse nicht kontinuierlich: 2007 | |
und 2008 etwa gab es mehr Beratungen als im vergangenen Jahr, in den Jahren | |
davor hingegen weniger. Doch die Vorgeschichten werden „immer | |
komplizierter“, so die UPB, und die Zahl jener Fälle, in denen PatientInnen | |
bei der Durchsetzung ihrer Interessen unterstützt werden wollen, nimmt seit | |
2006 stetig zu. Deutlich angestiegen ist über die Jahre auch die Zahl jener | |
Beratungen, in denen es nicht nur um bloße Information geht, sondern die | |
eines mehr oder weniger langen Gespräches oder aufwändigerer Recherche | |
bedarf. | |
Da war zum Beispiel eine 70-jährige, „nicht ganz schlanke Frau“ mit | |
Gebärmutterkrebs. Doch bei der Operation wurde ihr auch eine „Fettschürze“ | |
entfernt, ohne ihr Wissen, wie die Frau sagt, ohne ihr Einverständnis, und | |
obwohl sie mit ihrem Aussehen durchaus zufrieden war. Die Wunde entzündet | |
sich ob der entfernten Fettschürze. Die Nachbehandlung dauert ein ganzes | |
Jahr, das Schlichtungsverfahren ein weiteres. Am Ende bekommt die Frau von | |
der Versicherung statt der zunächst angebotenen vier- eine fünfstellige | |
Entschädigungssumme. Aber keine Entschuldigung vom Arzt. In einem anderen | |
Fall vergass der Operateur bei einer 40-Jährigen ein Tuch in der Bauchhöhle | |
– Arzt und Klinikleitung entschuldigten sich hier offiziell und die | |
Versicherung zahlte anstandslos ein Schmerzensgeld in vierstelliger Höhe. | |
Viele PatientInnen wollten jedoch keine Entschädigung, so die UPB, sondern | |
vor allem eine Entschuldigung. | |
Vor allem Frauen gehen zur UPB, in den 14 Jahren ihres Bestehens machten | |
Männer stets nur ein Drittel der zuletzt 3.624 Ratsuchenden aus. Rund 450 | |
davon kamen aus Bremerhaven und umzu, etwa 2.500 wohnen in Bremen oder dem | |
Umland. Professionelle HelferInnen wenden sich hingegen eher selten an die | |
UPB, in aller Regel kommen Laien. | |
Bei jeder fünften eingehenden Frage sind die Zähne das Thema, und meist | |
geht es dann um Zahnersatz. „Ein Großteil dieser Anfragen ist der häufig | |
nicht ausreichenden Kommunikation der Zahnärzte mit ihren Patienten | |
geschuldet“, so die UPB. Ein Problem beileibe nicht nur der Dentisten, wie | |
der Jahresbericht immer wieder klar macht. Auch dass viele Menschen keinen | |
Hausarzt mehr hätten oder jedenfalls keinen, der sich als „Lotse“ im | |
Gesundheitssystem verstehe, sei ein „zunehmendes Problem“. | |
An anderer Stelle sind die Menschen dafür besser informiert: Wenn es um | |
Patientenverfügungen gehe, komme es „nur noch selten“ vor, dass Ratsuchende | |
nur ganz vage Vorstellungen haben. | |
22 Jul 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.patientenberatung-bremen.de/ | |
[2] http://www.bremer-krankenhausspiegel.de/ | |
[3] http://www.weisse-liste.de/ | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
## TAGS | |
Patientenrechte | |
Gebärmutter | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gesundheit künftig kommerzieller: Bock wird Gärtner | |
Die Unabhängige Patientenberatung steht vor dem Aus. Ein privates für | |
Krankenkassen tätiges Callcenter soll bei medizinischen Konflikten Hilfe | |
leisten | |
Medizintechnik bei Gebärmutter-OPs: Wundergeräte in der Kritik | |
Zu den häufigsten Gebärmutter-Erkrankungen zählen Myome. Ein Gerät zur | |
Behandlung wurde nun zurückgerufen. Die Behörden sind alarmiert. |