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# taz.de -- Hobrecht-Plan heute: Berlin ist ein Dorf
> Für die Kreativen funktioniert die "Berliner Mischung" meist noch immer.
Bild: Der Hobrechtplan ordnete das Wachstum Berlins dort, wo damals nur Felder …
Anfangs dachten noch alle, sie müssten sich ein Sommerhaus im Grünen
kaufen. Es war Anfang der Neunziger, die ganze Stadt schien sich um
Menschen zu drehen, die ihr Hobby zum Beruf machen wollten. Sie waren aus
westdeutschen Dörfern und Kleinstädten gekommen. Nun suchten sie in Berlin
ein Leben, das überschaubarer werden sollte als das zu Hause.
Denn dort, in der Provinz, existierte all das, wovon man träumte, nur noch
als Idee: der Alltag der kurzen Wege, in dem jeder jedem hilft und wo
Arbeit und Leben ineinander übergehen. Bis heute haben sich die meisten
Dörfer immer mehr zu Schlafdörfern entwickelt. Und die Fußgängerzonen
vieler Kleinstädte sind derart verödet, dass die Menschen dort lieber in
der Neubausiedlung wohnen und am Samstag „in der Stadt“ ein Eis essen
gehen.
Wie anders fühlt sich dagegen der Alltag im Berliner Kiez an! Spielen wir
beispielsweise den Idealfall durch, einen kreativen Berliner, irgendwo in
einer Seitenstraße in Prenzlauer Berg: aufstehen um acht. Milch alle, also
Frühstück im Bioladen gegenüber. Kleiner Spaziergang in die Kita in einer
Ladenwohnung um die Ecke, Kind abgeben. Drei Minuten weiter, Termin in
einer anderen Ladenwohnung. Hier arbeiten die Lieblingsgestalter, mit denen
man vor Jahren zufällig ins Gespräch kam, weil sie in derselben langen
Schlange bei der Post standen. Kurze Morgenkonferenz. Noch mal zurück nach
Hause, Unterlagen vergessen.
## Alles um die Ecke
Wieder raus. Bekannte treffen, die ein Projekt zu einem ähnlichen Thema
machen. Kurz Kaffee, dabei Tipps austauschen. Flyer in der Druckerei im
alten Umspannwerk in einem Hinterhof abholen – eine Druckerei übrigens, die
einst einem Schwesternpaar gehörte, das nebenan wohnt. Auch wenn die
Berliner Mischung langsam Opfer der steigenden Mieten wird: Die beiden sind
zwei von drei alten Mietern im Haus, die bleiben wollen.
Schließlich Ankunft im Büro, einer Fabriketage in einer ehemaligen
Hutfabrik. Schwätzchen mit dem Hausmeister, der an einer der
Hydraulikpressen gearbeitet hat. Computerproblem. Die Webdesigner nebenan
können’s lösen, man nannte das mal Hand- und Spanndienste. Es ist erst elf
Uhr, schon sind acht Aufgaben erledigt, und zwar ohne Auto, Telefon und
Computer.
Viele Kreative haben sich aus Berlin das Dorf gebastelt, das sie wollten.
Sie wollen nicht zurück. Sie mögen nun nicht einmal mehr aufs Land, ins
imaginäre Bullerbü. Denn sie bleiben auch am Wochenende lieber „in der
Stadt“, wo man auf dem Markt die Hausmeister und Lieblingsgestalter trifft.
29 Jul 2012
## AUTOREN
Susanne Messmer
## ARTIKEL ZUM THEMA
150 Jahre Hobrecht: Das war der Plan!
Vor 150 Jahren wurde der Hobrecht-Plan verabschiedet. Der brachte die
Mietskasernen, aber auch die „Berliner Mischung“. Lange verpönt, wird das
Werk heute gewürdigt.
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