# taz.de -- Neonazis vor Gericht: Gegner mit Peilsender ausgespäht | |
> In Koblenz steht eine 26-köpfige Neonazigruppe vor Gericht. Sie soll | |
> Leute geschlagen und ausgespäht haben sowie versucht haben, Autos von | |
> politischen Gegnern anzuzünden. | |
Bild: 3 von 26 Angeklagten. | |
KOBLENZ taz | Unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen ist am Montag vor | |
der Staatsschutzkammer des Landgerichts Koblenz der Prozess gegen 26 | |
Mitglieder der rechtsradikalen Gruppe Aktionsbüro Mittelrhein (ABMR) | |
eröffnet worden. Den Angeklagten im Alter von 19 bis 54 Jahren wird vor | |
allem die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. | |
Darunter befinden sich auch der Koblenzer NPD-Kreisvorsitzende Sven Lobeck | |
und andere Mitglieder der rechtsextremen Partei. | |
Dem Prozess war im März eine umfangreiche Razzia gegen die rechte Szene in | |
Rheinland-Pfalz vorausgegangen, bei der die Polizei unter anderem das | |
„Braune Haus“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler stürmte. Das Einfamilienhaus soll | |
als Koordinationsbüro des Aktionsbüros gedient haben, benannt ist es nach | |
der früheren Parteizentrale der NSDAP in München. | |
Von Bad Neuenahr-Ahrweiler wurden die Aktionen der Gruppe – vom Überkleben | |
von Straßenschildern mit der Aufschrift „Rudolf-Hess-Straße“ bis zu | |
gewalttätigen bundesweiten Ausschreitungen auf Demonstrationen – | |
koordiniert und es wurde Kontakt zu den „Kameraden“ in Nordrhein-Westfalen | |
gehalten. Bei der bundesweiten Polizeiaktion wurden außerdem zahlreiche | |
Wohnungen in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und | |
Thüringen durchsucht. | |
Auf ihrer Homepage hatten sich die Rechtsextremen selbst als „Nationale | |
Sozialisten“ bezeichnet, ihr Motto lautete: „Deutschland muss leben“. In | |
der fast 1.000 Seiten umfassenden Anklageschrift werden den Angeklagten | |
neben Sprühaktionen, Sachbeschädigungen und Körperverletzung auch das | |
versuchte Inbrandsetzen von Autos vorgeworfen, die Mitgliedern der Antifa | |
gehörten. | |
Um für rasche „Vergeltungsaktionen“ gerüstet zu sein, wurden | |
Wohnanschriften, Kennzeichen und Lichtbilder von Angehörigen der linken | |
Szene gesammelt. In einem Fall soll sogar ein GPS-Sender am Fahrzeug eines | |
Experten für Rechtsextremismus des Landesamts für Soziales, Jugend und | |
Versorgung angebracht worden sein. | |
## Befangenheitsanträge gegen die Richter | |
Zum Zeitpunkt der Verhaftung waren einige Angeklagte arbeitslos, andere als | |
Handwerker oder Auszubildende tätig, einige studierten. Zwei waren im | |
IT-Bereich tätig, was das technisch hohe Niveau erklären könnte, mit dem | |
politische Gegner ausgespäht wurden. Ihnen drohen je nach Straftat bis zu | |
15 Jahren Haft. Einige Angeklagte haben allerdings „umfassende Aussagen“ | |
gemacht und gelten in der rechten Szene bereits als „Verräter“. | |
Der Sitzungssaal 128 im Koblenzer Landgericht war trotz des großen | |
öffentlichen Interesses nicht voll gefüllt – auf den Besucherbänken nahmen | |
vor allem Angehörige und Sympathisanten der Angeklagten Platz, erkennbar an | |
Tattoo-Motiven auf der Haut, Thor-Steinar-Geldbeuteln, Fred-Perry-Hemden | |
und anderen Symbolen aus der rechten Szene. Schon vor der Festnahme hatte | |
ein Angeklagter sich mit der Staatsanwaltschaft per Twitter angelegt: „Mit | |
Richtern spricht man nicht, auf Richter schießt man.“ | |
Noch bevor der Staatsanwalt die Anklage verlesen konnte, fielen ihm gleich | |
mehrere Anwälte ins Wort. Es gab mehrere Befangenheitsanträge gegen den | |
Vorsitzenden Richter Hans-Georg Göttgen und dessen Beisitzer. Mehrere | |
Anwälte, die sich als Verteidiger von Rechtsradikalen bereits einen Namen | |
gemacht haben, schlossen sich dem Befangenheitsantrag an. Ein Verteidiger | |
machte geltend, dass das Aktionsbüro im Haftbefehl bereits als „kriminelle | |
Vereinigung“ bezeichnet wurde. Er sehe darin einen Verstoß gegen die | |
Unschuldsvermutung. | |
Für Nervosität unter den Angeklagten wie ihren Angehörigen sorgte die | |
Meldung, dass auf mehreren beschlagnahmten Rechnern kinderpornografisches | |
Material gefunden wurde. Das Aktionsbüro fordert für „Kinderschänder“ se… | |
Jahren die Todesstrafe. | |
20 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Arno Frank | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
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