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# taz.de -- Schutz für Minderheit: Ein Herz für Kleine und Schwache
> Roma und Sinti in Schleswig-Holstein werden demnächst unter den Schutz
> der Landesverfassung gestellt. Damit würden sie mit Dänen und Friesen
> gleichgestellt.
Bild: Kein "angestammtes Siedlungsgebiet": Die Kieler Sinti-Siedlung Maro Temm.
HAMBURG taz | Schleswig-Holstein wird als erstes Bundesland die Minderheit
der Sinti und Roma unter den Schutz der Verfassung stellen. Ein
entsprechender Antrag wurde am Donnerstag im Kieler Landtag einstimmig in
den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen. Nach den dortigen Beratungen
dürfte die Verfassungsänderung im Herbst nur noch Formsache sein.
Den Antrag eingebracht hatte die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und
Südschleswigschem Wählerverband (SSW), die Partei der dänischen und
friesischen Minderheit. Nachdem auch FDP und Piraten sich zur Unterstützung
entschlossen haben, ist die zur Verfassungsänderung erforderliche
Zwei-Drittel-Mehrheit von 46 Stimmen gesichert. Die Dänen-Ampel verfügt
über 35 Sitze, Liberale und Piraten zusammen über zwölf Mandate. Unter den
22 CDU-Abgeordneten sei „die Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen“,
sagte Fraktionschef Johannes Callsen.
In Artikel 5 der Verfassung, der seit 1990 nur die dänische Minderheit und
die friesische Volksgruppe erwähnt, soll es künftig heißen: „Die nationale
dänische Minderheit, die Minderheit der deutschen Sinti und Roma und die
friesische Volksgruppe haben Anspruch auf Schutz und Förderung.“
Es ist bereits der sechste Versuch, die Landesverfassung entsprechend zu
ändern. Zuletzt war ein solcher Vorstoß im Juni vorigen Jahres gescheitert.
SPD, Grüne, Linke und SSW votierten dafür, die Abgeordneten der damaligen
schwarz-gelben Koalition enthielten sich seinerzeit.
Insbesondere die CDU hatte Bedenken geäußert. Schleswig-Holstein sei nicht
das „angestammte Siedlungsgebiet“ der deutschen Sinti und Roma, hatte
Christian von Boetticher gesagt. Zudem dürfe die Verfassung nicht zum
„Sammelsurium von Schutz- und Förderbestimmungen“ werden. Sinti und Roma,
die seit rund 600 Jahren im Lande ansässig sind, seien auch in anderen
Bundesländern beheimatet und daher keine spezifisch schleswig-holsteinische
Bevölkerungsgruppe, so der damalige CDU-Fraktionschef. Die FDP, die das
Anliegen inhaltlich unterstützt hatte, enthielt sich aus Rücksicht auf den
Koalitionspartner, ebenso wie die SPD 2006 in der großen Koalition.
Roma und Sinti seien anders als Dänen und Friesen „keine landesspezifische
Minderheit“, bekräftigte Callsen in der gestrigen Debatte erneut. Dennoch
werde seine Fraktion die weiteren Beratungen „sehr konstruktiv und
verantwortungsvoll“ begleiten. Damit deutet sich an, dass zumindest einige
CDU-Abgeordnete die Verfassungsänderung mittragen werden.
Es dürfe „keine Minderheiten erster und zweiter Klasse geben“, erklärte
Birte Pauls (SPD): „Wir müssen nachholen, was wir lange versäumt haben.“
Sprache und Kultur der Roma und Sinti „gehören zu unserem Land wie die
deutsche, dänische und friesische Sprache und Kultur“, stellte der
SSW-Abgeordnete Lars Harms klar. „Für mich ist es selbstverständlich, mit
dem SSW zu koalieren“, sagte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). Es sei
ein „Ausdruck der Normalität“, auch „die kleinste und schwächste
Minderheit“ unter den Schutz der Verfassung zu stellen.
23 Aug 2012
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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