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# taz.de -- Die Wahrheit: Gurus und Lemminge
> Fußballbundesliga: Ein wahrer Ausblick auf die Jubiläumssaison.
Nein, auch Matthias Sammer wird den Niedergang der Bayern nicht stoppen,
das als gute Nachricht schon einmal vorweg. Nach dreimal Zweiter werden sie
diesmal Drittletzter. Der neue Münchner „Vorstand für
Lizenzspielerangelegenheiten“ und Selbstoptimierungsguru Sammer kann noch
so erfolgsorientiert dreinschauen und den Dreimillimeter-Bürstenkopf zur
allgemeinen Dienstpflicht erklären, nächstes Jahr weht die Löwenmähne über
München. Die beiden Relegationsspiele in Fröttmaning enden 2:2 und 1:1, und
die Sechziger steigen wegen der Auswärtstorregel auf, Bayern steigt ab.
Am unteren Tabellenende tummeln sich neben den Oktoberfestgeldsäcken die
beiden Direktabsteiger: Da wäre zum einen die Fahrstuhl-Eintracht aus
Frankfurt. Weil die Ultras beim letzten Heimspiel „wegen der geilen Atmo“
die Commerzbankarena niederbrennen, verhängt der DFB eine Geldstrafe von 30
Euro. Man will ja niemanden kränken, vor allem nicht den Hausverein mit den
ätzendsten Fans der Liga. Zweitens erwischt es diesmal unwiderruflich den
Hamburger Sparringspartner Verein, instinktsicher in den Abgrund geführt
von den sachkompetenten Leitlemmingen Thorsten Fink und Frank Arnesen – ein
Duo wie Know und How, wie Elbphilharmonie und Großflughafen Berlin.
Knapp über den Bayern rettet sich Fortuna Düsseldorf ins zweite Jahr
Erstklassigkeit, worauf Stimmungskanone Andreas Lambertz die Mannschaft
spontan zu einer Runde Gegen-den-Dom-Pinkeln auf der anderen Rheinseite
einlädt. Platz 14 bleibt für Hoffenheim unter Markus Babbel, der sich damit
automatisch dafür qualifiziert, als neuer Trainer des FC Bayern das große
Ziel direkter Wiederaufstieg anzugehen – mitzubringen sind: saubere
Fingernägel, Bürstenhaarschnitt, Askese.
Auf Platz 13 finden wir die Urmels aus Augsburg mit dem Torschützenkönig
Aristide Bancé, der so ein Licht in die düstere Provinz bringt. Auf Platz
zwölf landet der VfB Stuttgart. Die Schwaben, mit 24 Toren von Vedad
Ibisevic souverän Herbstmeister, brechen in der Rückrunde ein, nachdem der
Stürmer für 150 Millionen Euro zum von Apple gesponsorten FC Düdelingen
nach Luxemburg wechselt.
Auf elf steht Mainz. Klar Karnevalsverein, Platz elf seit dem 11. 11.,
super Pointe, deshalb schnell weiter auf zehn, wo Hannover endet. Die
Niedersachsen nehmen in der Liga die eine oder andere Verschnaufpause, denn
aller Ehrgeiz gilt der Europa League. Den Finalsieg der Roten erleben
80.000 Fans in Bukarest in nie gekannter Intensität, weil 96-Präsident und
Hörgerätehersteller Martin Kind kostenlose Produkte aus seiner Kollektion
im Stadion verteilen lässt.
Auf neun stehen die runderneuerten Bremer. Die Mannschaft beendet die
Saison allerdings nur mit neun Spielern, alle anderen sind so oft vom Platz
geflogen, dass kaum einer mehr spielberechtigt ist. Auf acht steht
Gladbach, die neue Elf des Schweizer Offensivuhrwerkakribikers Lucien Favre
trägt weiterhin Unruh in jede Abwehrreihe. Eins drüber die Lüdenscheider
Borussia. Nach dem völlig unverhofften Erreichen des Achtelfinales in der
Champions League war es vorbei mit der Motivation. Gegen diese selige
Trunkenheit des Glücks kam auch Jürgen Klopp nicht mehr an.
Leverkusen auf sechs gelingt der Sprung in den europäischen Wettbewerb,
leider verlieren sie ihr tolles Trainerduo Hyppiä/Lewandowski an den FC
Liverpool, bekommen aber Jupp Heynckes zurück, der nach einer
Selbstfindungsphase wieder Lust auf eine neue Herausforderung hat. Platz
fünf gehört Wolfsburg. Was hätte die Mannschaft erreichen können, wenn
Diego nicht viermal vom Platz geflogen wäre?
Vierter wird der 1. FC Nürnberg. Das entscheidende Tor für die
Champions-League-Qualifikation schießt der reaktivierte Lokalheld Marek
Mintal in der letzten Minute des letzten Spiels. Auf Platz drei findet sich
der SC Freiburg, der mit einem Altersdurchschnitt von gefühlten 16,73
Jahren die beste Saison ever hinlegt. Christian Streich wird neuer
Bundestrainer. Er kann nahtlos an Jogi Löws Arbeit anknüpfen und übernimmt
auch gleich die Dolmetscher seines Vorgängers.
Meister der Herzen wird wieder einmal Schalke 04, allerdings kann man
diesen Saisonverlauf nach dem Gewinn der Champions League im Endspiel gegen
Real Madrid verschmerzen.
Und außer für eine kleine Schar von Fußballexperten völlig überraschend
Meister 2013 wird: die Spielvereinigung Greuther Fürth unter Trainer Mike
Büskens. Nou Camp in Barcelona, Old Trafford in Manchester, die
Trolli-Arena in Fürth – Europas Fußballlandkarte ist um eine Attraktion
reicher. Nach der Hinrunde noch auf einem achtbaren achten Platz, ergreift
Edelfan Henry „Deus ex Machina“ Kissinger in der Winterpause die Initiative
und spendet den Erlös seiner 24-bändigen Studienreihe „Wie ich beinahe den
Weltfrieden rettete“ an seinen Lieblingsverein. Noch am selben Tag
verpflichtet Präsident Georg Hack Xavi, Iniesta, Özil, Messi und Raul, der
Rest wird Geschichte werden.
25 Aug 2012
## AUTOREN
Rob Alef
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