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# taz.de -- Raserei auf deutschen Wasserstraßen: Kapitäne in den Wellen der P…
> Motorboote bis 15 PS dürfen künftig ohne Führerschein gefahren werden.
> Die Bundesregierung will so den Nachwuchs und den Tourismus fördern.
Bild: Gasgeben auf dem Wasser ist in Zukunft ab dem 16. Geburtstag erlaubt.
BERLIN taz | Umweltschützer und Ornithologen können sie nicht leiden, auch
Paddler, Seegler und Schwimmer mögen sie nicht: Motorboote. Sie sind laut,
sie stinken, sie machen Wellen – und wenn ein angetrunkener Jüngling mit
seinem schnellen Boot über den See rast, um seiner Freundin zu imponieren,
kann es schnell gefährlich werden.
Erst Mitte August kam es auf der niedersächsischen Ems zu einem tödlichen
Unfall, als ein 26-jähriger Mann mit seinem motorisierten Boot, einem
Jet-Ski, einen Badenden überfuhr, der auf einer Luftmatratze lag. Der
Jet-Ski-Fahrer hatte offenbar zwei Booten ausweichen wollen und dabei den
Badenden übersehen.
Auf Deutschlands Seen und Flüssen sollen nun künftig noch mehr Motorboote
unterwegs sein; die Bundesregierung plant Erleichterungen bei der
Führerscheinpflicht für potenzielle Steuermänner- und frauen, die
mindestens 16 Jahre alt sein müssen. Künftig würde es möglich, Motorboote
bis 15 PS ohne Führerschein zu fahren. Bislang waren Boote bis maximal 5 PS
fahrerlaubnisfrei. Das hat die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag so
entschieden. Eine entsprechende Verordnung will das
Bundesverkehrsministerium bis September umsetzen.
Boote mit einem 15-PS-Motor können etwa doppelt so schnell fahren wie Boote
mit einem 5-PS-Motor, wobei die Bootsgeschwindigkeit nicht nur von der
Motorstärke, sondern wesentlich auch von Tiefgang und Rumpfform abhängt.
Leichte Schlauchboote können mit einem 15-PS-Motor sogar schneller als 30
Kilometer pro Stunde fahren – auf dem Wasser ein hohes Tempo.
## Skepsis gegenüber den Führerscheinerleichterungen
Sie hoffe, dass niemand zu Schaden komme, wenn künftig auch höher
motorisierte Boote ohne Führerschein gefahren werden dürften, sagt Katja
Kleine-Jäger. Die Geschäftsführerin des Verbands Deutscher Sportbootschulen
sieht die Führerscheinerleichterungen skeptisch.
Mit der Anhebung solle der schwächelnden Bootsindustrie geholfen werden,
begründet der Sprecher des Bundesverkehrsministeriums, Matthias Schmoll,
das Vorhaben. Bootfahren solle attraktiver werden, um mehr Nachwuchs
anzulocken. Außerdem habe der Bootsverleih eine „wichtige touristische
Funktion“, die es zu unterstützen gelte.
Sicherheitsbedenken wegen Bootsfahrern, die weder Vorfahrtsregeln noch
Geschwindigkeitsbegrenzungen kennen, habe er keine, sagt Schmoll. „Wir
setzen auf die Eigenverantwortung der Fahrer.“ Zusätzlich werde es einen
„Einsteigerschein“ geben, eine Art Schnellkurs für Fahranfänger. Dieser
solle aber freiwillig bleiben, so Schmoll.
Kleine-Jäger vom Verband Deutscher Sportbootschulen hätte eine
Verpflichtung besser gefunden, gerade im Hinblick auf schwächere
Verkehrsteilnehmer wie Segler oder Paddler. Diese hätten auf dem Wasser
sowieso Vorfahrt, entgegnet Schmoll – natürlich nur, wenn Bootsfahrer um
diese Regel wissen.
## Gewässer stärker belastet
Schmoll verweist auch auf die schon länger geltende Charterscheinregelung,
bei der auch Hausboote nach einer kurzen Einweisung ohne Führerschein
gemietet werden können. Entgegen anfänglichen Befürchtungen kam es nicht zu
mehr Unfällen. Motorboote würden die Gewässer ökologisch immer stärker
belasten, sagt Winfried Lücking vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).
Sie schädigten Wasserqualität und Pflanzen und störten durch ihren Lärm
Vögel in der Brutzeit. Bei einer Anhörung im Verkehrsausschuss des
Bundestages plädierte er dafür, bei 5 PS zu bleiben. Noch ist die neue
Regelung nur ein Pilotversuch für drei Jahre. Dann will das
Bundesverkehrsministerium überprüfen, ob es zu mehr Unfällen auf Seen und
Flüssen gekommen ist.
27 Aug 2012
## AUTOREN
Marcus Goossens
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