# taz.de -- Kultur: Kein Anschluss bei diesem Investor | |
> Die Fotogalerie C/O im Postfuhramt steht vor dem Aus: Ein vom Bezirk | |
> vermitteltes Ersatzgebäude darf nicht bezogen werden. Der neue | |
> Postfuhramt-Besitzer, eine Neuköllner Firma, ist telefonisch nicht | |
> erreichbar. | |
Bild: Nicht nur bei der Annie-Leibovitz-Ausstellung ein Publikumsmagnet: Die Ga… | |
Stephan Erfurt sucht nach Worten. „Einigermaßen erschütternd“ nennt der | |
Leiter der renommierten Fotogalerie C/O Berlin schließlich das, was sich am | |
Mittwochabend im Rathaus Mitte zutrug. Dort diskutierte der | |
Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) über den | |
Fortbestand des derzeit noch im historischen Postfuhramt in Mitte | |
angesiedelten Ausstellungshauses. Und ignorierte komplett den Zeitdruck, | |
der auf der C/O lastet. | |
In vier Monaten, ab 1. Januar, hat die Galerie keine Räume mehr, der | |
Mietvertrag läuft aus. Eigentlich hatten Bezirk und Senat genau das | |
verhindern wollen. Die BVV hatte C/O ein Ausweichquartier zugesichert: die | |
Atelierhäuser im nahen Monbijoupark. Sie sollen für die Fotofans | |
sachgerecht renoviert und erweitert werden. Doch dieser Beschluss vom | |
September, so stellte sich erst vor einer Woche heraus, kann gar nicht | |
umgesetzt werden: Die Räume können aufgrund des Baurechts nicht verändert | |
werden. | |
Statt nun im Stadtentwicklungsausschuss gemeinsam nach Lösungen zu suchen, | |
kassierte das Fotoforum – wie C/O sich selbst nennt – eine Abfuhr: „Die | |
zementierte Zukunft der C/O Berlin im Monbijoupark wollen wir nicht“, sagte | |
Sven Diedrich von der Linken-Fraktion. Vertreter der anderen Fraktionen | |
erbaten sich Bedenkzeit. Der BVV-Beschluss stammt noch aus der alten | |
Legislaturperiode – und ist für die neue Verwaltung rechtlich nicht | |
bindend. | |
Das Gezerre um den Standort begann mit der Übernahme des Postfuhramtes | |
durch den israelischen Investor Elad. Der wollte dort ein Einkaufzentrum | |
errichten und stellte hohe Mietforderungen. Für das Fotoforum, das sich | |
über Veranstaltungen und den Verkauf von Eintrittskarten finanziert, | |
bedeutete dies das Aus im Postfuhramt. Um C/O in Berlin zu halten, | |
ermöglichten Senat und Bezirk die neue Bliebe im Monbijoupark. Doch | |
mittlerweile ist klar: Bevor C/O dort auch nur die kleinsten Umbauarbeiten | |
vornehmen kann, muss der Bebauungsplan für die Grünfläche geändert werden. | |
„Eine Nutzung vor Ende 2013 ist illusorisch“, sagte Carsten Spallek (CDU), | |
Baustadtrat von Mitte. „C/O jetzt eine Baugenehmigung zu erteilen, wäre | |
illegal.“ | |
Zuvor muss laut Spallek mit Bürgerbeteiligung ein neuer Nutzungsplan für | |
den Park erarbeitet werden. Deswegen war auch die Bürgerinitiative „Rettet | |
den Monbijoupark“ in den Ausschuss geladen. Sie sprach sich vehement gegen | |
eine Präsenz C/Os im Park aus. | |
C/O-Leiter Erfurt hat für die kurzfristige Nutzung der Ateliergebäude keine | |
Hoffnung mehr, obwohl seine Galerie dort seit Monaten für Strom, Wasser und | |
Versicherungen zahlt. „Wir werden uns jetzt neu orientieren“, sagt Erfurt. | |
C/O beschäftigt 50 Mitarbeiter, die Ausstellungen für nächstes Jahr seien | |
bereits geplant. | |
Als örtliche Zwischenlösung rücke das Postfuhramt wieder in den | |
Vordergrund, sagt Erfurt. Inzwischen gehört das Gebäude nicht mehr Elad, | |
sondern Biotronik, einem Hersteller von Medizintechnik mit Hauptsitz in | |
Neukölln. „Wir haben versucht, mit Biotronik Kontakt aufzunehmen“, so | |
Erfurt. Noch warte man auf den Rückruf. Auch Baustadtrat Spallek hat zum | |
Hörer gegriffen: „Noch bin ich aber nicht an der Vorzimmerdame | |
vorbeigekommen“, sagte er am Mittwoch. | |
30 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Joanna Itzek | |
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