# taz.de -- Kommentar Gewalt gegen Rabbiner: Natürlich ist es auch die Religion | |
> Es ist falsch, weltanschaulich getönte Gewalt immer nur auf soziale | |
> Schieflagen zu schieben - wie es etwa der evangelische Landesbischof tut. | |
Bild: Solidarität nach dem Angriff auf einen Rabbiner in Berlin. | |
Es gibt ein positives Vorurteil, das diese Stadt in Bezug auf sich selbst | |
bis zur Materialermüdung pflegt. Es lautet: Berlin ist eine tolerante | |
Stadt. | |
In Wahrheit ist die Toleranz auch in Berlin viel sparsamer dosiert, als wir | |
uns weismachen. Es wird fleißig gehasst an Spree und Havel: Die einen | |
hassen Fremde, die anderen Schwule, Autofahrer hassen Fahrradfahrer und | |
umgekehrt. Und natürlich, was schwerer wiegt, hassen sich Religiöse aller | |
Couleur. | |
Übertrieben? Klar. Aber es ist genauso falsch, weltanschaulich getönte | |
Gewalt immer nur auf soziale Schieflagen zu schieben. Im Falle des von | |
muslimischen Jugendlichen attackierten Rabbiners tut das Bischof Markus | |
Dröge: „Man darf auf keinen Fall den Fehler machen, dies der Religion | |
zuzuschreiben“, beeilte er sich zu warnen. Schlügen junge Männer zu, liege | |
das „im Wesentlichen“ an Problemen wie fehlenden Berufschancen. | |
## Auf Intoleranz gebaut | |
Wenn das so wäre, würden die Täter wahllos um sich prügeln. Sie suchten | |
sich aber gezielt ein jüdisches Opfer. Das heißt nicht, dass ihre Religion | |
ihnen das diktiert hätte. Aber es erinnert daran, dass Religionen – sorry, | |
Herr Dröge – auf Intoleranz aufbauen und sie legitimieren. Wer glaubt, den | |
einzig wahren Pfad zur Erlösung zu kennen, für den ist jede konkurrierende | |
Route von Übel. | |
Vielleicht helfen ja „Lange Nächte der Religionen“, die Intoleranz am Rand | |
aufzuweichen, die im Kern zu Taten wie in Friedenau führt. An erster Stelle | |
sollte dabei stehen, dass wir uns in Sachen Religion ehrlich machen. | |
2 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prösser | |
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