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# taz.de -- Antisemitismus: Jetzt sind Vorbilder gefragt
> Innenverwaltung und Jüdische Gemeinde wollen gemeinsam nachdenken, was
> man gegen Gewalt tun kann. Von den Tätern der letzten Übergriffe fehlt
> jede Spur.
Bild: BerlinerInnen beim Kippa-Flashmob zur Solidaritätsbekundung mit dem verp…
Ein Rabbiner niedergeschlagen, eine Gruppe jüdischer Schülerinnen
angepöbelt, eine jüdische Familie beschimpft: Nach den jüngsten Übergriffen
auf Juden hat der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses am Montag
antisemitische Übergriffe scharf verurteilt. Wie Innenstaatssekretär Bernd
Krömer (CDU) ankündigte, werden Vertreter des Senats und der Jüdischen
Gemeinde gemeinsam überlegen, was man gegen diese Form der Gewalt tun kann.
Krömer zufolge wurden von Januar bis Ende August 90 antisemitische
Straftaten zur Anzeige gebracht. 84 Fälle seien Rechtsextremen zuzurechnen,
weitere vier Straftaten wurden als politische Ausländerkriminalität
eingestuft. Bislang habe die Polizei 16 Tatverdächtige ermittelt,
berichtete der Staatssekretär. Im Vorjahreszeitraum zählte die Polizei 89
antisemitische Vorfälle. Aus den Zahlen an sich ergebe sich also keine
nennenswerte Steigerung, sagte Krömer. „Aber jede Tat ist beschämend und
verabscheuungswürdig.“
Im gesamten Jahr 2011 registrierte die Polizei 113 antisemitische Vorfälle.
Bis auf einen Fall gingen alle auf das Konto von Rechtsextremen.
Polizeichefin Margarete Koppers verwies in der Ausschusssitzung auf die
Erfahrung, dass die Opfer in aller Regel Gewalttaten anzeigten. Das gelte
aber nicht für Beleidigungen und andere Entgleisungen. „Da ist das
Dunkelfeld groß.“
Von den Jugendlichen, die Ende August in Friedenau den Rabbiner Daniel
Alter zusammengeschlagen und seine siebenjährige Tochter bedroht haben,
fehlt nach wie vor jede Spur. „Wir konnten bislang keinen Täter ermitteln“,
sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, am Montag der
taz. Gefahndet werde nach vier bis sechs jungen Männern vermutlich
arabischer Herkunft. Zwei von ihnen sollen Alter mit Faustschlägen
attackiert haben. Alter war offensichtlich zu ihrem Opfer geworden, weil er
eine Kippa trug.
Am vergangenen Montag waren 13 Schülerinnen in Charlottenburg von
Unbekannten beleidigt worden. Laut Krömer hätten die Jugendlichen die
Mädchen als „Judentussen“ beschimpft und vor ihnen ausgespuckt. Und
schließlich habe eine in Gesundbrunnen lebende jüdische Familie am
vergangenen Donnerstag angezeigt, von arabischen Nachbarn als „Drecksjuden“
beschimpft worden zu sein.
Einigkeit herrschte im Innenausschuss darüber, dass die Bekämpfung des
Antisemitismus nicht die alleinige Aufgabe der Polizei sein könne. Die
gesamte Gesellschaft sei gefordert. Berlin sei eine Stadt der Vielfalt,
sagte Staatssekretär Krömer, der den abwesenden Innensenator Frank Henkel
(CDU) vertrat. „Wir brauchen positive Vorbilder“, so Krömer. Jeder Mensch
müsse seine Religion ohne Angst leben können. Die zwei aktuellen Fälle, in
denen Jugendliche die Täter waren, zeige, dass auf Jugendliche ein
besonderes Augenmerk gerichtet werden müsse. Er freue sich sehr darüber,
dass sich die muslimischen Verbände so aktiv für ein funktionierendes
Miteinander einsetzten, sagte Krömer.
Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, regte an, bei der
Plenarsitzung am kommenden Donnerstag einen gemeinsamen
Entschließungsantrag einzubringen. In diesem sollten alle Parteien
antisemitische Gewalt verurteilen.
10 Sep 2012
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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Solidarität mit dem von Jugendlichen attackierten Rabbiner Daniel Alter.
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