# taz.de -- Arte-Drama über einen „Illegalen“: Entwurzelt und übersehen | |
> Wie lebt man im Verborgenen? „Der Albaner“ zeigt die Welt eines | |
> „lllegalen“ – ein anrührender Film aus der Perspektive des Betroffenen. | |
Bild: Arben (Nik Xhelilaj) kommt aus Albanien ohne Papiere nach Berlin, um Geld… | |
Dieser Film hätte so vieles sein können. Ein Heimatfilm. Ein Sozialdrama. | |
Eine träumerische Balkanade. Er ist nichts davon und das ist gut so. „Der | |
Albaner“ ist nicht mehr als die geradlinig erzählte Geschichte eines | |
Mannes, der in die Fremde gehen muss, um seine Liebe zu retten. Diese | |
Fremde heißt Deutschland, und es ist einer der Stärken dieses Films, dass | |
auch Zuschauer, die hier leben, das Unbekannte sehen. Hinterhöfe, | |
Lagerhallen, Müllhalden vor Glasfassaden. | |
Ja, das ist Deutschland, aber die Perspektive ist die des Illegalen, der | |
sich nicht sehen lassen darf, der immer ein Stück neben der Welt laufen | |
muss. Deutschland von hinten, von unten, von der Seite. Weil die Figuren | |
sich an solchen Nicht-Orten bewegen, die nur Hintergrund und Kulisse sein | |
können, sind sie selbst um so präsenter. | |
Nik Xhelilaj spielt Arben, der aus den albanischen Bergen ohne Papiere nach | |
Berlin kommt, um 10.000 Euro für eine Hochzeit mit seiner von der eigenen | |
Familie bedrohten Freundin zu verdienen. Der Schauspieler Xhelilaj hat | |
mehrere Preise gewonnen für die Darstellung dieses unbedingten Willens, ans | |
Ziel zu kommen. | |
Mit Wut und Trauer, wenn unbedingt notwendig – aber auch nur dann. Mit | |
Sätzen, die nicht nach Schauspielschule klingen und die sich wohltuend | |
abheben vom Theaterdeutsch in hiesigen Produktionen, dem man das Erdachte | |
in jeder Zeile anmerkt. Mehr davon. | |
## Eine kalte Fabel | |
Das Reduzierte spiegelt auch die Handlung, indem sie einiges stehen und | |
manches unerklärt lässt: Die lange Reise nach Deutschland ist ein kurzer | |
Lauf an der Autobahn, der Konflikt, bei dem Arbens linkes Auges verletzt | |
wird, erscheint eher als kurzes Stolpern denn als Kampf. | |
Dieser Mut zum Weglassen gibt dem Film wegen seines Realismus auch etwas | |
Metaphysisches – etwas von einer kalten Fabel. Mit „Der Albaner“ lässt s… | |
kein warmer Platz am Kamin beziehen, der ein heimischer Bildschirm am Abend | |
oft sein soll, der Film strahlt in einem kühlen, kristallinen Feuer. Aber: | |
Er ist spannend, anrührend, unterhaltsam. | |
Was der Film sagen will und was er weiß – Regisseur und Drehbuchautor | |
Johannes Naber hat recherchiert, wie viel ein Migrant ohne Papiere bei | |
einem Putzservice verdient und welchen Preis jemand zahlt, der über die | |
polnische Grenze nach Deutschland will – das erzählt er wie nebenher. Er | |
sendet seine Botschaft leise, und deshalb zählt für das Publikum nur das, | |
was auch für Arben zählt: der Weg nach Hause. | |
„Der Albaner“: 14.9., 21.40 Uhr, Arte | |
14 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Daniel Schulz | |
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