# taz.de -- Cohn-Bendit zu französischen Grünen: „Das versteht ja kein Mens… | |
> Daniel Cohn-Bendit beklagt die Politik der Grünen in Frankreich und setzt | |
> seine Mitarbeit dort aus. Er fordert eine klare Zustimmung zum | |
> Rettungspakt und Fiskalpakt. | |
Bild: Macht erstmal nicht mehr mit bei den französischen Grünen: Daniel Cohn-… | |
taz: Herr Cohn-Bendit, Sie lassen Ihre Mitgliedschaft bei den Grünen in | |
Frankreich ruhen und haben die Ablehnung des Fiskalpakts durch die | |
französischen Grünen als „unverantwortlich“ und „inkohärent“ bezeich… | |
Cohn-Bendit: Meine Reaktion bezieht sich nicht nur auf den Fiskalpakt. Es | |
geht um den Zustand der Partei Europe Écologie – Les Verts (EELV). Bei dem | |
Treffen am Wochenende wurden ja auch neue Statuten verabschiedet. Aber die | |
Tatsache, dass die EELV innerhalb eines Jahres rund die Hälfte ihrer | |
Mitglieder verloren hat, wurde überhaupt nicht diskutiert. Die Frage des | |
Fiskalpakts kommt noch hinzu. Und da geht es nicht darum, ob das ein guter | |
oder schlechter Pakt ist. Dieser ist die Fortsetzung des Europäischen | |
Stabilitätsmechanismus (ESM), und der ist der einzige Ansatz zur | |
Vergemeinschaftung der Schulden und zu einer Solidarität in Europa. | |
Ist das eine Grundsatzfrage für die französischen Grünen? | |
Ich meine, es ist besser, Politik zu machen mit einer Regierung, in der man | |
teilnimmt und so die Europapolitik mitgestaltet, als eine Entscheidung zu | |
treffen, die letztlich niemand versteht. Auch wenn sie der gesetzlichen | |
Verankerung der Schuldenbremse nicht zustimmen, werden sie den Haushalt | |
verabschieden, der die Konsequenz des Fiskalpakts ist. Das versteht kein | |
Mensch. | |
Weil die Partei EELV Teil der linken Regierungskoalition ist? | |
Die Grünen sitzen mit zwei Ministerposten in der Regierung, darunter die | |
frühere Parteisprecherin Cécile Duflot. Sie nimmt in dieser | |
Auseinandersetzung um den Fiskalpakt überhaupt nicht Stellung und geht | |
einfach auf Tauchstation. Das ist absurd und unverständlich. | |
In Deutschland wird bei den Grünen aber auch über den Fiskalpakt und den | |
Europakurs diskutiert, es gab eine harte Auseinandersetzung zwischen | |
Reinhard Bütikofer und Jürgen Trittin. | |
Man kann und darf ja den Fiskalpakt kritisieren, nur am Ende muss man | |
Konsequenzen ziehen, und das sieht ja Reinhard Bütikofer auch. Nachdem | |
jetzt dreizehn oder vierzehn Länder den Fiskalpakt ratifiziert haben, ist | |
dieser ganz eng mit dem ESM verbunden – und den brauchen wir! Das ist nun | |
mal so. Es gibt politische Auseinandersetzungen, die gewinnt oder verliert | |
man. Danach muss man weitermachen. Der Solidarität können wir uns nicht | |
entziehen, und das Instrument dazu ist der ESM. | |
Was schlagen Sie als Kopräsident der Fraktion der Grünen im EU-Parlament | |
vor? | |
Ich bin ja gespannt, ob die deutschen Grünen für den Bundestagswahlkampf | |
Europa zu einem zentralen Thema machen. Das ist noch nicht ausgemacht. Die | |
Grünen haben Angst, mit der Bundeskanzlerin einen Auseinandersetzung zu | |
führen über Europa. Man kann, wie dies Joschka Fischer getan hat, Merkels | |
Europapolitik radikal kritisieren, ohne der Notwendigkeit einer | |
Verantwortung auch in der Haushaltspolitik zu widersprechen. Die | |
europäischen Grünen werden bestehen im Wahlkampf, wenn sie Solidarität und | |
Verantwortung zusammenbringen. | |
Ist denn mit Europa eine Wahl zu gewinnen, da sträuben sich doch vielen | |
Wählern einfach gleich die Haare? | |
Nun mal halb lang! Europa ist schwierig, zugegeben. Aber die Grünen kämpfen | |
nicht um 50 Prozent – das würden sie wohl gern. Unsere Wählerschaft hat | |
eine andere Sicht von Europa, wenn man das rational und mit Schmackes | |
erklärt. Wir wollen bei der nächsten Bundestagswahl 15, 16 Prozent kriegen. | |
Damit hätten wir einen politischen Hebel: Und für unsere Wähler ist es | |
unabdingbar, eine klare europäische Position zu haben. | |
24 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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